Rückkehr zu 7 Prozent
"Echte Lösung" oder "Tropfen auf heißem Stein": Gastronomen in Nürnberg zur Mehrwertsteuersenkung
13.04.2025, 04:55 Uhr
Belastungen gibt es einige, die den Gastronomen und Gastronominnen bundesweit, aber auch in Nürnberg, schwer auf den Schultern lasten. Seit der Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen in der Gastronomie von 7 auf 19 Prozent zum 1. Januar 2024 steht die Branche vor spürbaren finanziellen Herausforderungen. Viele Gastronomen forderten bereits seit der Rückanpassung der Mehrwertsteuer auf 19 Prozent auf Speisen und Getränke zum 31. Dezember 2023 die erneute Senkung auf 7 Prozent. So hatte es die Bundesregierung in Corona-Hochzeiten entschieden, um Bürger und Wirte zu entlasten. Doch seit etwa eineinhalb Jahren werden wieder 19 Prozent für den Gast fällig, der sich bekochen und bewirten lassen möchte. Die Regelung von 7% Mehrwertsteuer für Speisen in der Gastronomie galt nur befristet - bis 31. Dezember 2023. Eine Belastung auch für die Gäste.
Wie der Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA betont, habe die temporäre Senkung der Mehrwertsteuer während der Pandemie gezeigt, dass eine solche Maßnahme die Branche effektiv unterstützen könne. "Viele Betriebe konnten dadurch trotz der Krise überleben und Arbeitsplätze erhalten", heißt es in einer Petition des Verbandes."Die Rückkehr zum höheren Steuersatz stellt für viele Gastronomen eine existenzielle Bedrohung dar, insbesondere vor dem Hintergrund gestiegener Energie- und Lebensmittelkosten sowie des anhaltenden Personalmangels", warnte der Verband seither. Viele Betriebe sahen sich gezwungen, die höheren Kosten zumindest teilweise an ihre Gäste weiterzugeben, was zu einem Rückgang der Besucherzahlen führte", so DEHOGA. Einige traditionsreiche Lokale mussten aufgrund der gestiegenen finanziellen Belastungen schließen oder ihre Öffnungszeiten reduzieren - in Nürnberg traf es unter anderem den Burgerladen Auguste oder das eingesessene Gasthaus Lönneberga in der Nordstadt.
Koalitionspapier der SPD und CSU/CDU verheißt Entlastung
Doch nun - manche Gastronomen sagen "endlich" - kommt die Politik in die Pötte und bringt mit dem frisch abgesegneten Koalitionspapier auch für die Gastronomie entscheidende Entlastungen auf den Weg. Auch der Hotel- und Gaststättenverband drückte entsprechend für eine Lösung aufs Pedal - und initiiere bis zur politischen Entscheidung einige Aktionen und Kampagnen. Es sei "absurd, widersprüchlich und wettbewerbsverzerrend", so DEHOGA, dass für das Essen in der Gastronomie wieder 19 Prozent Mehrwertsteuer gelten, während das Essen To Go, der Fertigsalat aus dem Supermarkt und die Essenslieferung weiterhin mit 7 Prozent besteuert werde. "Diese Ungleichbehandlung muss endlich dauerhaft beseitigt werden", warb DEHOGA und forderte vehement eine einheitliche 7-Prozent-Besteuerung auf Essen, damit der Wettbewerb für Gasthäuser, Cafés, Kantinen und Restaurants fair und gereicht gegenüber Take-away-Angeboten, Lieferdiensten oder verpackten Fertigspeisen aus dem Supermarkt bleibe.
Die neue Regierungskoalition hat sich nun also jüngst darauf geeinigt, die Mehrwertsteuer auf Speisen ab 1. Januar 2026 dauerhaft auf 7 Prozent zu reduzieren. Gastronomie-Verbände, wie der Bund der Systemgastronomie oder DEHOGA, feiern das als einen der größten politischen Erfolge ihrer Branche seit Jahren. Außerdem sind auf den Weg gebracht:
- mehr Flexibilität im Arbeitsmarkt: Eine wöchentliche statt tägliche Höchstarbeitszeit wird möglich, um Unternehmen und Beschäftigten mehr Freiraum zu geben.
- Bürokratie-Belastung wird gesenkt
- Berichts- und Dokumentationspflichten werden abgebaut, gesetzliche Betriebsbeauftragte reduziert. Das Ziel: 25 Prozent weniger Bürokratiekosten in vier Jahren.
Ein Meilenstein für wohl alle Gastronomen und Gastronominnen, wie die Redaktion vernimmt - natürlich auch in Nürnberg. Doch gut ist damit längst nicht alles.
"Ein Tropfen auf dem heißen Stein"
Auch Nürnberger Gastronomen und Gastronominnen finden klare Worte für eine Senkung der Mehrwertsteuer zurück auf 7 Prozent. Stefanie Panzner, Wirtin des Eglantine im Haus eckstein in der Burgstraße Nürnberg, sieht eine Rücksenkung für nötig an - und dennoch "ist sie letztlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein", sagt sie auf Anfrage unserer Redaktion. Denn seit Jahren stiegen die Unkosten in der Branche rapide, erklärt sie: "Die Lebensmittelkosten, die Energiekosten, der stetig steigende Mindestlohn belasten die Gastronomen", sagt Panzner. Gewinne seien kaum möglich oder realistisch. Bei jeder Mehreinnahme halte das Finanzamt sofort die Hand auf, sei es via Einkommens- oder Gewerbesteuer. Dabei sei ein Mindestlohn von 15 Euro kaum noch "umsetzbar". Preissenkungen für Speisen, bei denen Panzner sowieso am untersten Kosten-Limit rangiert, seien ebenso nicht möglich. "Wir haben keinen Gewinn mit den Speisen, die wir ausgeben. Nur über die Getränke können wir etwas einnehmen."
Stiege der Mindestlohn weiter, müsse man sogar Leute entlassen. Natürlich sei die Senkung der Mehrwertsteuer eine "kurzfristige Entlastung", allerdings gelte laut Panzner hier das Schneeball-Prinzip: "Wir haben so viele andere Löcher zu stopfen, wir kommen nicht mehr weiter", sagt sie. Vor allem wünsche sie sich, dass die "Politik anders handelt und nicht mehr in die Marktwirtschaft eingreife". Verdoppelte Energiekosten seien ein solcher Punkt. "Viele meiner Kollegen denken ans Aufgeben", spricht sie aus dem Nähkästchen.
Christian Wagner, umtriebiger Gastronom in Nürnberg, der neben dem Gasthaus Pillhofer oder dem Zeit & Raum nun auch die neue Galerie Ostermayr in der gleichnamigen Passage in Nürnberg zu seinem Portfolio zählt, plädiert seit Längerem bereits für eine Rücksenkung: "Ich brauch ganz dringend die 7-Prozent- Mehrwertsteuer, um meinen Gastronomie-Profis Wunschgehälter zahlen zu können, wir möchten wieder als Lohnattraktive und wertschätzen Branche gelten." Auch jenseits dieses Arguments betont er auf Nachfrage der nordbayern.de-Redaktion: "Seit der Mehrwertsteuer-Erhöhung im Januar 2024 auf 19 Prozent kämpfen viele Betriebe ums Überleben. Die Gastronomie hat sich aus der Coronakrise leider nie wirklich erholt. Finanzielle Polster aus der Zeit vor Corona sind längst aufgebraucht."
Die Kostensteigerungen in den Bereichen Lohn, Energiekosten und Lebensmittel der vergangenen Jahre "konnten leider längst nicht mehr in voller Höhe auf die unsrigen Dienstleistungen umgelegt werden", betont Wagner. Zuletzt habe sich die "allgemeine Preisschraube so schnell gedreht, dass beim Gast bereits eine gefühlte Höchstgrenze erreicht ist und er daher nicht mehr bereit ist, weitere Preiserhöhungen mitzugehen". In der Folge käme es zu Umsatzrückgängen, Insolvenzen und auch Jobverlusten - "das kostet den Staat am Ende wahnsinnig viel Geld!"
Daher sei die Rückkehr zur niedrigeren Mehrwertsteuer eine enorme Entlastung für Gastronomen und Verbraucher, betont Wagner weiter. Diese Maßnahme sowie die weiteren beschlossenen Maßnahmen wie eine wöchentliche Höchstarbeitszeit oder der Bürokratie-Abbau seien "ein starkes Signal für das Gastgewerbe! Damit sind die richtigen Weichen gestellt, das sind echte Lösungen".
Ein Schmerzpunkt bleibt
Das größte Thema, so Wagner, seien für ihn die vergangenen Mindestlohn-Erhöhungen - diese träfen die personalintensive Branche enorm - auch die Betriebe, die längst über dem gesetzlichen Mindestlohn zahlen. "Denn dem Gastronomie-Mitarbeiter ist wichtig, dass der Abstand zum Geringverdiener wie zum Beispiel der ungelernten Küchenhilfe bestehen bleibt", erläutert der Gastronom. "Wir, als wertschätzender Arbeitgeber müssen somit auch bei jeder Mindestlohnsteigerung sämtliche Gehälter bis zur Führungsspitze anpassen."
Auch Abel Gebredingl, Betriebsleiter des Speiselokal Sebald am Weinmarkt, betont, wie "essenziell" die Rückkehr zum niedrigeren Mehrwertsteuersatz für Gast und Gewerbe sei - vor allem, weil die Gastronomie "extrem viel Umsatz" mache: "Alle Preise steigen - ob Mindestlohn oder Lebensmittel. Wir brauchen diesen Ausgleich - nicht nur wegen Corona, denn das Geld wird niemand mehr einholen können."
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