Gastro-Verband sauer: Schließungen "nicht nachvollziehbar"

29.10.2020, 05:58 Uhr
Die Corona-Ampel steht auf Dunkelrot. Sperrstunden und Alkoholverbote werden in Nürnberg nun noch verschärft. Ab Montag müssen Lokale ganz geschlossen bleiben. 

© Roland Fengler Die Corona-Ampel steht auf Dunkelrot. Sperrstunden und Alkoholverbote werden in Nürnberg nun noch verschärft. Ab Montag müssen Lokale ganz geschlossen bleiben. 

In Nürnberg schaltete am Dienstag die Corona-Ampel in Nürnberg auf Dunkelrot. Laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) lag der Sieben-Tage-Inzidenz-Wert bei 118,45. Damit ist der Warnwert von 100 deutlich überschritten.


Corona in der Region: Das ist der aktuelle Stand


Insgesamt haben sich in Nürnberg 3307 Menschen mit dem Corona-Virus infiziert. In den vergangen sieben Tagen waren es 614 Personen. Am Dienstag kamen zwei Todesfälle dazu, somit sind nun 58 Nürnberger mit oder an dem Virus gestorben.

Werden in einer bayerischen Stadt oder einem Landkreis 100 Neuinfektionen auf 100.000 Einwohner innerhalb einer Woche registriert, gelten automatisch strengere Regeln: Die Sperrstunde in der Gastronomie wird von 22 auf 21 Uhr vorgezogen, Alkohol darf ab 21 ebenfalls nicht mehr verkauft oder in der Öffentlichkeit konsumiert werden. Weiterhin sind Veranstaltungen auf maximal 50 Personen begrenzt. Ausnahmen gibt es nur für Kirchenveranstaltungen, Demonstrationen und Hochschulen.

Wie bereits in Phase Rot gilt, dass sich maximal fünf Personen oder zwei Hausstände treffen dürfen. Außerdem müssen überall da, wo dicht und länger zusammen sind, Masken getragen werden, etwa auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen, in öffentlichen Gebäuden, Arbeitsstätten und Freizeiteinrichtungen.

Viele Einrichtungen müssen schließen

Ab Montag, 2. November, gelten dann noch strengere Regeln: Das öffentliche Leben wird wieder enorm heruntergefahren. Unter anderem werden Kultur-, Sport-und Freizeiteinrichtungen, sowie Gastronomiebetriebe geschlossen.

Für die Nürnberger Wirte sei die erneute Schließung, "willkürlich, nicht nachvollziehbar und nicht verhältnismäßig", reagierte der Vorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA), Robert Horka auf die Beschlüsse.

"Wir haben bewiesen, dass es funktioniert"

"Unsere Branche hat ihren Betrieb schnell und gründlich umgestellt und Hygienekonzepte erfolgreich umgesetzt. Wir haben bewiesen, dass es funktioniert", sagt Horka, der in Nürnberg das Hotel Elch betreibt. Laut Robert-Koch-Institut seien lediglich 0,5 Prozent der Neuinfektionen auf einen Lokalbesuch zurückzuführen. "Wir sind deshalb von den Maßnahmen überrascht."

In den Gastrobetrieben würden mehr Menschen registriert als über die offizielle Corona-Warn-App. Wenn Lokale schließen müssen, würden sich Treffen im nicht kontrollierbaren Bereich abspielen. "Dort lassen sich Kontakte nicht so gut nachvollziehen, es werden Abstände nicht eingehalten, da sitzt der Mund-Nasen-Schutz lockerer und in seltensten Fällen liegt ein Hygienekonzept vor, " prognostiziert Horka und sagt: "Bis heute bleibt uns die Politik die Antwort schuldig, warum erneut das Gastgewerbe mit einem Quasi-Berufsverbot belegt wird. Politischer Aktionismus bringt in der Bekämpfung der Pandemie nichts. Vielmehr ist es nötig, zielführende Lösungen und höhere Akzeptanz durch enge Zusammenarbeit mit den betroffenen Branchen und Verbänden zu erreichen."

Für viele Betriebe geht es ums Überleben

Eindringlich warnt er davor, dass es für viele Nürnberger Betriebe ums Überleben geht. Nach dem Lockdown im Frühjahr und den Absagen der Messen und Kongresse hätten die Wirte jetzt gehofft, etwa mit nachgeholten Familienfeiern und dem Weihnachtsgeschäft wenigstens einen kleinen Teil der Verluste auszugleichen.


Kommentar: Lockdown light - ein riskantes Experiment


Von der Politik erwartet er sich umfangreiche Hilfen. Schließlich war die Branche bis zum März noch die "zweitwichtigste Leitökonomie Bayerns und ein Garant funktionierende regionale Wirtschaftskreislaufe." Jeder zwölfte Arbeitsplatz in Bayern stehe direkt oder indirekt mit Gastronomie und Tourismus in Verbindung, betroffen seien rund 747.000 Erwerbstätige, so Horka.

Hotels bleiben geöffnet

Dass die Hotellerie im Gegensatz zur Gastronomie für zwingend notwendige Reisen geöffnet bleiben kann, hält der DEHOG-Vorsitzende für einen taktischen Schachzug: Damit wolle die Politik Hilfszahlungen umgehen.

Verwandte Themen