Zwischen Solidarität und Frust: So ist die Lage in den Fitnessstudios

Stefanie Taube

Lokalredaktion Nürnberg

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29.1.2021, 09:39 Uhr
Gähnende Leere herrscht in diesem Studio in Nürnberg. Seit November hat hier niemand mehr trainiert.

© FitX, NNZ Gähnende Leere herrscht in diesem Studio in Nürnberg. Seit November hat hier niemand mehr trainiert.

"Wir möchten Sie nachdrücklich auffordern, die zugesagten Hilfsgelder umgehend auszuzahlen und den wirtschaftlichen Ruin unserer Betriebe zu stoppen." So schreibt es Birgit Schwarze, Präsidentin des Arbeitgeberverbands deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen (DSSV) in einem offenen Brief an die zuständigen Bundes- und Landesministerien. Bereits im November vergangenen Jahres hatte der DSSV ein branchenspezifisches Nothilfeprogramm gefordert, "weil wir mit einem milliardenschweren Branchen-Verlust rechnen", so Schwarze.


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Seitdem habe sich die Lage immer weiter zugespitzt und sei mittlerweile als äußerst prekär zu bewerten. "Wegen der erneuten Schließung der Fitness- und Gesundheitsanlagen im vergangenen November sind unsere Betriebe insgesamt nun mehr als fünf Monate ohne echten Umsatz. Und eine Aussicht auf Wiedereröffnung gibt es nicht", sagt Schwarze weiter.

Hilfsgelder wurden bislang kaum ausgezahlt

In den für die Branche wichtigen Monaten Januar und Februar werden in der Regel die meisten Neuverträge abgeschlossen. Aufgrund des erneuten Lockdowns und der damit verbundenen Schließung aller Fitness- und Gesundheitsanlagen bricht den Anbietern dieses so wichtige Geschäft im Jahr 2021 weg.

"Außerdem wurden die ,schnell und unbürokratisch‘ zugesicherten Gelder der November- und Dezemberhilfe bis dato gar nicht oder nur in geringem Maße an die Unternehmen ausbezahlt", kritisiert Schwarze. Die Liquidität der meisten Betriebe sei nun aufgebraucht. "In der momentanen Situation zählt jeder Tag."

Viele verzichten auf eine Rückerstattung

"Wir sind sehr dankbar, dass viele unserer Mitglieder weiterhin ihren Beitrag zahlen und auf eine Rückerstattung verzichten", sagt Lena Prautzsch, Sprecherin der Fitnesskette FitX, die Studios unter anderem in Nürnberg, Fürth und Erlangen betreibt. "Nur dank dieser Beiträge können wir hoffentlich nach dem Lockdown alle Studios mit all unseren Mitarbeitern wiedereröffnen und in gewohntem Umfang für unsere Mitglieder da sein."

Doch nicht alle Mitglieder können oder wollen einen Beitrag bezahlen, wenn sie dafür aktuell keine Gegenleistung in Anspruch nehmen können. "Wir verstehen natürlich, dass nicht jeder in dieser schwierigen Zeit seinen Mitgliedsbeitrag problemlos zahlen kann. Deshalb bieten wir Ruhezeiten an", so Prautzsch.


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Der Vertrag wird dann einfach pausiert, die monatliche Beitragszahlung entfällt. Dass die staatlichen Hilfen auf 4 Millionen Euro pro Unternehmen gedeckelt sind, sieht man bei FitX kritisch. "Während wir als Konzern gesehen werden, können andere Betreiber für jeden Standort eigene Hilfen beantragen. Bei uns würden diese Hilfen außerdem nur einen Bruchteil des Verlusts ausgleichen", sagt Prautzsch.

Stay strong, stay together, stay home

Viele Studios setzen deshalb darauf, ihre Mitglieder zu behalten und deren Bereitschaft zu erhöhen, Beiträge weiter zu bezahlen. Die Fitnesslounge in Erlangen etwa, bietet im Gegenzug diverse Online-Kurse an. "Unter dem Motto ‚Stay strong – stay together – stay home’ halten wir den Kontakt zu unseren Kunden aufrecht, um Körper und Geist mit mehr Bewegung in Schwung zu halten und einen Ausgleich zu den vielen Alltagsbelastungen zu schaffen", sagt Kerstin Streiter von der Fitnesslounge. Via Livestream bietet das Studio ein Angebot von mehr als 30 Kursen pro Woche sowie Workout-Videos zum Mitmachen.

Einen ähnlichen Weg geht man auch bei Beyers Aktivpark in Zirndorf. "Wir halten das durch", gibt sich Michael Leibrecht zudem optimistisch. Er leitet das Familienunternehmen zusammen mit seiner Frau und den Schwiegereltern. "Wir haben wirklich das Glück, dass meine Schwiegereltern in den vergangenen Jahrzehnten gut gewirtschaftet haben. Davon zehren wir jetzt", sagt er.

Seit über 30 Jahren gibt es das Studio. "Wir kennen einen großen Teil unserer Mitglieder seit vielen Jahren und sind momentan trotzdem sehr überrascht von der großen Solidarität", so Leibrecht.

Das Unternehmen zieht aktuell keine Beiträge von seinen Mitgliedern ein. "Daraufhin haben uns viele Kunden angerufen und darauf bestanden, dass wir die Gebühr vom Konto abbuchen. Das ist ein beeindruckender Rückhalt." Mit Videocalls bleiben die Sportler hier während des Lockdowns mit ihren persönlichen Trainern in Kontakt. "So sieht man sich zumindest mal", sagt Leibrecht.

"Für die gesamte Branche ist diese Situation eine enorme Herausforderung. Auch für uns als Big Player ist der erneute Lockdown zweifelsohne ein wirtschaftlicher Kraftakt, wohl wissend, dass die Gesundheit aller vorgeht. Den Lockdown wird leider nicht jeder Studiobetreiber finanziell verkraften", sagt auch McFit-Unternehmenssprecher Pierre Geisensetter. McFit betreibt eine große Zahl an Studios in der Region.

Kündigungen und Ruhezeiten nehmen zu

Dass ausgerechnet im Januar geschlossen bleiben muss, trifft auch den Fitnessriesen hart: "Normalerweise ist der Januar der zulaufstärkste Monat in der Fitnessindustrie. Im ersten Monat des Jahres bekommen wir einen deutlichen Zuwachs in unseren Studios mit. Aber natürlich macht die Entwicklung unserer Mitgliederzahlen im Vergleich zum Wettbewerb keine Ausnahme. Kündigungen oder Ruhezeiten haben aufgrund der Studio-Schließungen zugenommen", so Geisensetter.


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Mögliche staatliche Hilfen würden – wie bei allen Ketten – auch bei McFit nur einen Bruchteil der immensen Verluste abdecken und hätten durch die Deckelung bei einem Konzern dieser Größe kaum Relevanz. Geisensetter: "Deswegen heißt es jetzt in erster Linie durchhalten und hoffen, dass die Studios bald wieder öffnen. Ein echtes Workout im Gym ist einfach durch nichts zu ersetzen."

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