Große Prominenz für ein kleines, aber feines Museum
4.6.2015, 09:49 UhrBayerns Innenminister Joachim Herrmann, Ministerpräsident a.D. Günther Beckstein, Regierungspräsident Thomas Bauer und nicht zuletzt Charlotte Knobloch, die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland: große Prominenz für ein kleines, aber sehr feines Museum, das Jüdische Museum Franken in Schwabach.
Das Museum besteht aus sechs Räumen des Hauses aus dem 18. Jahrhundert. Zu den beiden oberen Etagen führt eine nur schmale Treppe. Schon aus räumlichen Gründen fand der Festakt daher in unmittelbarer Nachbarschaft in der ehemaligen Synagoge statt. Und auch die war mit den Ehrengästen aus Politik sowie den Sponsoren, die das Museum finanziell erst ermöglicht haben, voll besetzt.
„Aus der Stadt gejagt“
In seiner Begrüßung zitierte OB Matthias Thürauf eine nüchterne Mitteilung des Schwabacher Einwohnermeldeamts vom 27. November 1938: „Auch Schwabach ist judenfrei.“ Nach der Pogromnacht der Nazis am 9. November waren nur noch zwei Juden in Schwabach geblieben. „Und auch sie wurden noch aus der Stadt gejagt“, sagte Thürauf.
Seitdem hat es keine jüdische Gemeinde in Schwabach mehr gegeben. Lange sei deren Geschichte „vergessen und verdrängt“ worden. (Schwabachs jüdisches Erbe und das Ende des Verdrängens) Doch in den 1990-er Jahren habe sich das geändert. Aus der Schlötzergasse wurde die Synagogengasse. Mit ihrer Sanierung sei die ehemaligen Synagoge wieder ein „Zentralisationspunkt kulturellen Lebens“ geworden. Und das neue Museum in der Laubhütte besteche durch eine „hervorragende moderne Konzeption“.
2001 wurde die Laubhütte mit dem seltenen Kassettendach und der einzigartigen Wandmalerei zufällig entdeckt und von einem aufmerksamen Handwerker als Besonderheit erkannt. 2008 trat die Stadt dem Trägerverein Jüdisches Museum Franken bei. Dieses Museum mit Hauptsitz in Fürth hat die Laubhütte schließlich zu seiner — nach der Synagoge in Schnaittach — zweiten Außenstelle ausgebaut.
„Jüdisches Leben in historischen Gebäuden zu zeigen, ist das Merkmal des Museums Jüdischer Geschichte“, erklärte Bezirksrat Alexander Küßwetter, der Vorsitzende des Trägervereins.
Als Schirmherr für die Schwabacher Laubhütte geworben hatte Bayerns früherer Ministerpräsident Günther Beckstein. „Ohne solche Erinnerungsstätten würde Geschichte vergessen werden“, stellte er die Bedeutung auch des Schwabacher Jüdischen Museums heraus.
„Gutes Zusammenleben“
„Es geht aber nicht nur um historische Reminiszenz“, hob Bayerns Innenminister Joachim Herrmann hervor, „sondern wichtig ist vor allem, dass wir heute ein gutes Zusammenleben im gegenseitigen Respekt auch praktizieren.“ Das aber wollen nicht alle. In Frankreich führe der dort wachsende Antisemitismus sogar zu zunehmender Emigration von Juden. „Nicht, dass es nicht auch bei uns Antisemitismus gäbe“, so Herrmann weiter. „Aber die ganz überwiegende Mehrheit sagt: Wir wollen keinen Antisemitismus. Und ich bin sehr froh, dass der Zentralrat der Juden in Deutschland betont, dass bei uns für Emigration kein Anlass besteht.“
„Mahnung und Warnung“
Diesen Gedanken griff die ehemalige Präsidentin des Zentralrats auf. Charlotte Knobloch ist noch immer eine der wichtigsten Repräsentantinnen des Judentums. „Deutschland ist wieder eine gute und sichere Heimat für Juden“, betonte sie.
Charlotte Knobloch hatte sich etwa bei einer Lesung in Schwabach sehr für das neue Museum engagiert. Zu Franken hat die Münchnerin einen besonderen Bezug. Unter falschem Namen war sie als Mädchen in einem Bauernhof in der Gegend von Gunzenhausen von ihrem Vater versteckt worden — und hat so den Holocaust überlebt.
Der Kampf gegen Rechtsradikalismus sei weiter eine notwendige Aufgabe. Jüdische Museen leisteten dafür einen wichtigen Bildungsbeitrag. „Sie sind eine Mahnung und Warnung vor der Zerbrechlichkeit von Zivilisation und Demokratie.“ Ihr Wunsch: „Ich hoffe, dass das Museum vor allem viele junge Gäste haben wird.“
Dank an Dippert und Reimann
In ihrem Schlusswort bedankte sich Museumsleiterin Daniela Eisenstein ausdrücklich bei zwei Schwabachern: „Ich danke Gott, dass es Herrn Dippert gibt“, sagte sie fast überschwänglich. Stadtarchivar Wolfgang Dippert habe sie bei der Aufarbeitung der Geschichte von Schwabachs jüdischer Gemeinde in außergewöhnlichem Maß unterstützt.
Zum Schluss sprach Daniela Eisenstein Altbürgermeister Hartwig Reimann, der unter den Gästen war, direkt an: „Ich war 2008 bei der Abstimmung des Stadtrats über den Beitritt der Stadt zum Trägerverein Jüdisches Museum Franken dabei“, erinnert sie sich. Dabei habe sich Reimann „in Ihrer letzten Tat“ als Oberbürgermeister für diesen Beitritt entscheidend eingesetzt. „Sie haben dieses Museum erst möglich gemacht.“
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