Große Prominenz für ein kleines, aber feines Museum

4.6.2015, 09:49 Uhr
Im neuen Jüdischen Museum erläutern zwei anschauliche Animationsfilme die Geschichte des 1795 vom jüdischen Kaufmann Moses Löw Koppel umgebauten Hauses in der heutigen Synagogengasse 10. Das Museum ist immer sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Zum ersten Mal am 7. Juni 2015.g.

© Günther Wilhelm Im neuen Jüdischen Museum erläutern zwei anschauliche Animationsfilme die Geschichte des 1795 vom jüdischen Kaufmann Moses Löw Koppel umgebauten Hauses in der heutigen Synagogengasse 10. Das Museum ist immer sonntags von 12 bis 17 Uhr geöffnet. Zum ersten Mal am 7. Juni 2015.g.

Bayerns Innenminister Joachim Herr­mann, Ministerpräsident a.D. Günther Beckstein, Regierungspräsident Tho­mas Bauer und nicht zuletzt Charlotte Knobloch, die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutsch­land: große Prominenz für ein kleines, aber sehr feines Museum, das Jüdische Museum Franken in Schwabach.

Das Museum besteht aus sechs Räu­men des Hauses aus dem 18. Jahrhun­dert. Zu den beiden oberen Etagen führt eine nur schmale Treppe. Schon aus räumlichen Grün­den fand der Festakt daher in unmit­telbarer Nachbarschaft in der ehemali­gen Synagoge statt. Und auch die war mit den Ehrengästen aus Politik sowie den Sponsoren, die das Museum finanziell erst ermöglicht haben, voll besetzt.
 
 „Aus der Stadt gejagt“

In seiner Begrüßung zitierte OB Matthias Thürauf eine nüchterne Mit­teilung des Schwabacher Einwohner­meldeamts vom 27. November 1938: „Auch Schwabach ist judenfrei.“ Nach der Pogromnacht der Nazis am 9. November waren nur noch zwei Juden in Schwabach geblieben. „Und auch sie wurden noch aus der Stadt gejagt“, sagte Thürauf.

Seitdem hat es keine jüdische Gemeinde in Schwabach mehr gege­ben. Lange sei deren Geschichte „ver­gessen und verdrängt“ worden. (Schwabachs jüdisches Erbe und das Ende des Verdrängens) Doch in den 1990-er Jahren habe sich das geändert. Aus der Schlötzergasse wur­de die Synagogengasse. Mit ihrer Sanierung sei die ehemaligen Synago­ge wieder ein „Zentralisationspunkt kulturellen Lebens“ geworden. Und das neue Museum in der Laubhütte besteche durch eine „hervorragende moderne Konzeption“.

2001 wurde die Laubhütte mit dem seltenen Kassettendach und der ein­zigartigen Wandmalerei zufällig ent­deckt und von einem aufmerksamen Handwerker als Besonderheit er­kannt. 2008 trat die Stadt dem Träger­verein Jüdisches Museum Franken bei. Dieses Museum mit Hauptsitz in Fürth hat die Laubhütte schließlich zu seiner — nach der Synagoge in Schnaittach — zweiten Außenstelle ausgebaut.

„Jüdisches Leben in historischen Gebäuden zu zeigen, ist das Merkmal des Museums Jüdischer Geschichte“, erklärte Bezirksrat Alexander Küß­wetter, der Vorsitzende des Trägerver­eins.

Als Schirmherr für die Schwaba­cher Laubhütte geworben hatte Bay­erns früherer Ministerpräsident Gün­ther Beckstein. „Ohne solche Erinne­rungsstätten würde Geschichte verges­sen werden“, stellte er die Bedeutung auch des Schwabacher Jüdischen Museums heraus.
 
 „Gutes Zusammenleben“

„Es geht aber nicht nur um histori­sche Reminiszenz“, hob Bayerns Innenminister Joachim Herrmann her­vor, „sondern wichtig ist vor allem, dass wir heute ein gutes Zusammenle­ben im gegenseitigen Respekt auch praktizieren.“ Das aber wollen nicht alle. In Frank­reich führe der dort wachsende Antise­mitismus sogar zu zunehmender Emi­gration von Juden. „Nicht, dass es nicht auch bei uns Antisemitismus gäbe“, so Herrmann weiter. „Aber die ganz überwiegende Mehrheit sagt: Wir wollen keinen Antisemitismus. Und ich bin sehr froh, dass der Zen­tralrat der Juden in Deutschland betont, dass bei uns für Emigration kein Anlass besteht.“
 
 „Mahnung und Warnung“

Diesen Gedanken griff die ehemali­ge Präsidentin des Zentralrats auf. Charlotte Knobloch ist noch immer eine der wichtigsten Repräsentantin­nen des Judentums. „Deutschland ist wieder eine gute und sichere Heimat für Juden“, betonte sie.

Charlotte Knobloch hatte sich etwa bei einer Lesung in Schwabach sehr für das neue Museum engagiert. Zu Franken hat die Münchnerin einen besonderen Bezug. Unter falschem Namen war sie als Mädchen in einem Bauernhof in der Gegend von Gunzenhausen von ihrem Vater versteckt worden — und hat so den Holocaust überlebt.

Der Kampf gegen Rechtsradikalis­mus sei weiter eine notwendige Aufga­be. Jüdische Museen leisteten dafür einen wichtigen Bildungsbeitrag. „Sie sind eine Mahnung und Warnung vor der Zerbrechlichkeit von Zivilisation und Demokratie.“ Ihr Wunsch: „Ich hoffe, dass das Museum vor allem vie­le junge Gäste haben wird.“
 
 Dank an Dippert und Reimann

In ihrem Schlusswort bedankte sich Museumsleiterin Daniela Eisenstein ausdrücklich bei zwei Schwabachern: „Ich danke Gott, dass es Herrn Dip­pert gibt“, sagte sie fast überschwäng­lich. Stadtarchivar Wolfgang Dippert habe sie bei der Aufarbeitung der Geschichte von Schwabachs jüdischer Gemeinde in außergewöhnlichem Maß unterstützt.

Zum Schluss sprach Daniela Eisen­stein Altbürgermeister Hartwig Rei­mann, der unter den Gästen war, direkt an: „Ich war 2008 bei der Abstimmung des Stadtrats über den Beitritt der Stadt zum Trägerverein Jüdisches Museum Franken dabei“, erinnert sie sich. Dabei habe sich Rei­mann „in Ihrer letzten Tat“ als Ober­bürgermeister für diesen Beitritt ent­scheidend eingesetzt. „Sie haben die­ses Museum erst möglich gemacht.“

www.juedisches-museum.org

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