Treuchtlinger Haushalt: Neue Werte oder Lasten?
14.12.2019, 06:04 UhrDie CSU bleibt dabei: Im Treuchtlinger Haushalt wird zu wenig gespart. Und die Zahlen untermauern das: Um vier auf 22,1 Millionen Euro steigt die Verschuldung der Altmühlstadt im Kernhaushalt (ohne Stadtwerke) zum Jahreswechsel, 29,7 Millionen werden es Ende 2020 sein, 36,7 Millionen Ende 2021, so die düstere Prognose. Dem Etat für das kommende Jahr verweigerten Christsoziale und TBL deshalb bei der Verabschiedung am Donnerstag – so früh wie schon lange nicht mehr – geschlossen die Zustimmung.
Für SPD und JGB steht dagegen angesichts der Niedrigzinsen fest: Wann investieren, wenn nicht jetzt? Und die UFW erkennen angesichts vieler gemeinsam im Stadtrat beschlossener Projekte nicht, wie sie nun gegen deren Finanzierung sein sollen. Mit 15:9 Stimmen gab der Rat dem Etat am Ende seinen Segen.
Das Zahlenwerk legte Kämmerer Dominik Wenzel vor. Im Vergleich mit anderen bayerischen Kommunen, die pro Einwohner durchschnittlich eine fast doppelt so hohe Steuerkraft (Treuchtlingen: 872 Euro, Bayern: 1516 Euro) und weniger als 40 Prozent der Pro-Kopf-Verschuldung (Treuchtlingen: 1705 Euro, Bayern: 659 Euro) haben, erkenne man, „wie arm die Stadt wirklich ist“. Auch er würde sich „mal einen Etat wünschen, der sofort die Zustimmung aller Fraktionen findet“, bekannte Wenzel. Dies sei aber „in Treuchtlingen nicht möglich“. Ein kleiner Trost sei immerhin, dass an der Niedrigzinsphase in Folge staatlicher Sparpolitik „sicher nicht die Stadt Treuchtlingen schuld ist“, so der Kämmerer sarkastisch.
"Werte für die nächste Generation"
Bürgermeister Werner Baum betonte, dass die Stadt in den vergangenen Jahren stets nur etwa die Hälfte der geplanten Neuverschuldung tatsächlich aufgenommen habe. Zudem liefen manche Kredite mittlerweile mit Zinssätzen unter einem halben Prozent. „Wir dürfen nicht nur die Therme machen, das fällt uns in kommenden Jahren auf die Füße“, so der Rathauschef. Mit 1,8 Millionen Euro für die Kindergärten, 2,1 Millionen fürs neue Treuchtlinger Feuerwehrhaus und 3,4 Millionen für Straßen- und Kanalbau schaffe die Stadt auch im kommenden Jahr „Werte für die nächsten Generationen“. Dabei gehe es nicht um ideologische Positionen, sondern um „die Frage, was all diese Maßnahmen für die Bürger, die Stadt und ihre Ortsteile bringen“.
„Wie so oft ist der Haushalt 2020 kein Haushalt des Wünschenswerten, sondern des Machbaren“, fasste UFW-Sprecher Klaus Fackler zusammen. Gut seien die „grundsolide Arbeit der Kämmerei“ und dass der Etat letztmals Kosten fürs Krankenhaus enthalte. Dessen Schließung sei eine „strukturelle Verbesserung“, nach der die Stadt angesichts der geplanten Bezirksklinik „nicht mit leeren Händen dasteht“.
Ein Problem sieht der Fraktionschef darin, dass „das strukturschwache Treuchtlingen dieselben Einrichtungen vorhalten muss wie Speckgürtel-Kommunen, die zudem von der Metropole profitieren“. Der Freistaat müsse die Gemeindefinanzierung überdenken, damit sich die „Stadt-Land-Schere“ nicht weiter öffne. Mit dem Hinweis, dass die hohen Investitionen in die Feuerwehren zwar nötig seien, die Stadt aber „aufpassen muss, keine Rüstungsspirale zu beginnen“, machte sich Fackler indes nicht nur Freunde. Es gelte, die teils über 50 Jahre alten „Strukturen des Brandschutzes zu modernisieren“.
Mehr Prioritäten, weniger Freiwilliges
Da die SPD im Vorjahr erklärt hatte, dass es „Mut braucht, diesen Haushalt mitzutragen“, verwies CSU-Bürgermeisterkandidatin Kristina Becker darauf, dass die Christsozialen genau diesen Mut bewiesen hätten – auch wenn man ihnen dies nun abspreche. Sie sei allerdings „der Überzeugung, dass mit Steuergeldern besonders vorsichtig umgegangen werden muss“. Durch immer neue Investitionen würden nicht nur Werte geschaffen, sondern „auch Belastungen für kommende Generationen“. Angesichts der steigenden Schulden bestehe in Treuchtlingen ein Missverhältnis, und „wir erkennen wenig Willen, dem Rechnung zu tragen“, so Becker. Die Stadt lebe über ihre Verhältnisse – beispielsweise bei der mit 2,9 Stellen pro 1000 Einwohner überdurchschnittlichen Personalstärke im Rathaus. Es gehe nicht an, dass die Stadt „Kredite für kommunale Pflichtaufgaben aufnehmen muss“.
Becker plädierte für „eine Priorisierung der Investitionen und eine Prüfung freiwilliger Leistungen“. Als Beispiel nannte sie das angedachte Parkhaus am Bahnhof. Die Idee finde sie gut – vor einer teuren Planung, „die dann in der Schublade verschwindet“, sei aber noch viel Arbeit nötig. Die bisher vorliegenden Zahlen „gehen nicht über anekdotischen Charakter hinaus“, so Becker. Die Ablehnung des Haushalts durch die CSU sei „kein Dagegensein aus Prinzip, sondern eine Meinungsbekundung als Opposition, dass mit dem uns anvertrauten Geld verantwortungsvoll umgegangen werden muss“.
Lob gab es von SPD-Fraktionschefin Kerstin Zischler zunächst für die schnelle Behandlung des Haushalts in nur zwei Ausschuss- und einer Stadtratssitzung. Auch sie sehe „über die großen Brocken hinaus kaum Spielraum“. Dennoch gelte es, die Stadt fit für die Zukunft zu machen. „Wenn die CSU über Werte redet und dann doch nur aufs Geld schaut, grüßt jährlich das Murmeltier“, so Zischler. Es sei Aufgabe der Stadt, nicht nur Gebäude und Straßen, sondern auch immaterielle Werte wie Erziehung, Bildung und Kultur zu fördern – etwa die Bücherei oder das Museum. „Sparen bedeutet noch lange nicht, verantwortungsvoll zu wirtschaften“, betonte die Sprecherin.
Kernaufgaben oder Signalprojekte?
In Sachen Parkhaus wies Zischler auch auf die „Sogwirkung und Attraktivität des Bahnverkehrs als Beitrag zum Klimaschutz“ hin. „Das sind uns die 50.000 Euro im Haushalt wert.“ Ihre Zustimmung zum Etat würzte sie mit dem Zitat: „Ein Zyniker ist ein Mensch, der von allem den Preis und von nichts den Wert kennt.“
Den Fraktionen schloss sich Altbürgermeister Wolfgang Herrmann (CSU) mit einer Stellungnahme an. Die Stadt solle sich „auf ihre Kernaufgaben besinnen“ und Schulden abbauen. Als Beispiele für unnötige Kosten führte er einen Fehlbetrag von 72.000 Euro aus dem Bayern-3-Dorffest und die rund 10.000 Euro im Jahr an Wasser und Strom für den Brunnen auf dem Wallmüllerplatz an. Außerdem beklagte er die „Abzocke“ durch die kommunale Verkehrsüberwachung sowie fehlende Grundstücksankäufe zum Ausgleich der Verkäufe. Als er vor zwölf Jahren das Bürgermeisteramt abgegeben habe, seien noch rund 7,5 Millionen Euro an Kapital und zwei Millionen Euro an Rücklagen in der Stadtkasse gewesen.
CSU-Fraktionschef Uwe Linss zeigte sich überdies „verwundert, dass sich die Krankenhaus-Schließung so gar nicht im Etat niederschlägt“. Auch frage er sich, „warum die CSU immer wieder den Finger in die Wunde legen muss, dass die Therme bald wieder öffnet und Erlöse erzielt“.
Der Haushalt 2020 der Stadt Treuchtlingen:
Schulden rennen den Einnahmen davon
Nach dem Rekordjahr 2018 liegt der Treuchtlinger Etat für 2020 mit 42,1 Millionen Euro im Kernbereich und 44 Millionen Euro für die Stadtwerke samt Therme wieder deutlich unter der 100-Millionen-Marke. Im Zehn-Jahres-Vergleich ist das Volumen des Kernhaushalts dennoch um rund 40 Prozent gestiegen. Wesentlichen Anteil daran haben laut Kämmerer Dominik Wenzel die Bereiche „Soziales“ mit 6,1 Millionen Euro (plus 38 Prozent, insbesondere wegen der neuen Krippenplätze) und „Öffentliche Sicherheit“ mit drei Millionen Euro (plus 75 Prozent, vor allem wegen der neuen Feuerwehrhäuser). Um elf Prozent auf 5,1 Millionen Euro gesunken ist der Etat für „Gesundheit“, in dem zwar 3,2 Millionen Euro für Umbau und Betrieb der Altmühltherme enthalten sind, aber nur noch ein letzter Restposten für die Abwicklung des Stadtkrankenhauses. Letztere ist auch der Grund für die mit knapp 7,8 Millionen Euro nahezu konstanten Personalkosten, die ohne die Schließung wohl spürbar gestiegen wären.
Auf der Einnahmenseite wachsen Einkommens- und Umsatzsteueranteil auf 7,1 Millionen Euro (plus fünf Prozent), während die Gewerbesteuereinnahmen mit 3,3 Millionen Euro (minus 34 Prozent) im zweiten Jahr in Folge deutlich sinken. Unerwartet rund 220.000 Euro mehr gibt es aus den gerade bekannt gegebenen Schlüsselzuweisungen.
Die Zuführung zum Vermögenshaushalt steigt zwar mit 940.000 Euro um 13 Prozent gegenüber 2019, reicht aber um etwa 300.000 Euro nicht einmal, um die Schuldentilgung abzudecken. Den Großteil der Ausgaben in Höhe von 15,4 Millionen Euro (einschließlich Therme) muss die Stadt folglich über neue Kredite finanzieren – knapp 8,9 Millionen Euro stehen dafür im Etat. Weitere 3,6 Millionen kommen durch Zuwendungen herein, 1,2 Millionen durch Verkäufe und 605.000 Euro aus den letzten Rücklagen.
Von den Investitionen entfallen allein zehn Millionen Euro auf Bauprojekte. Die größten Brocken sind das neue Treuchtlinger Feuerwehrhaus (6,3 Millionen Euro, davon 2,1 Millionen im nächsten Jahr), die Krippengruppen in Wettelsheim, Gundelsheim und am Burgstall (2,1 Millionen Euro), die Erneuerung der Straße nach Haag (700.000 Euro) und der Johann-Lindner-Straße (1,2 Millionen Euro), das Kanal-Trennsystem in Auernheim (4,3 Millionen Euro, davon 1,5 Millionen im Jahr 2020) sowie der Abbruch des Pflegeheims (900.000 Euro). In den Folgejahren schlagen zudem der Neubau der Senefelder-Schule (4,5 Millionen Euro), weitere Straßenprojekte (2,4 Millionen Euro) sowie der DSL-Ausbau für die Höfe (1,2 Millionen Euro) zu Buche.
Analog zur geplanten Senkung der Zuschüsse für die Therme auf etwa 1,8 Millionen Euro steigt die geplante Zuführung zum Vermögenshaushalt in den nächsten drei Jahren bis 2023 auf rund 3,4 Millionen Euro. Der Schuldenstand entwickelt sich dennoch massiv nach oben auf 29,7 Millionen Euro Ende 2020, 36,7 Millionen Ende 2021 und 38,5 Millionen Ende 2022. Die Rücklagen der Stadt sind schon jetzt von knapp fünf Millionen Euro im Jahr 2016 auf die Mindestrücklage von 300.000 Euro abgeschmolzen.
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