Treuchtlingens homöopathische Spielräume

Patrick Shaw

Redaktion Treuchtlinger Kurier

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21.11.2019, 06:04 Uhr
Treuchtlingens homöopathische Spielräume

© Archivfoto: Patrick Shaw

"Zusammenfassend werden die nächsten zwei Jahre noch schwieriger als die Vorjahre", warnte Kämmerer Dominik Wenzel zum Auftakt der ersten öffentlichen Haushaltssitzung des Finanzausschusses. Noch sprudle zwar das Steuergeld, doch das gehe wohl nicht mehr lange so weiter. Besonders bei der Gewerbesteuer sei in Treuchtlingen "die Zeit der Rekorde definitiv vorbei".

Treuchtlingens homöopathische Spielräume

© NN-Infografik / Quelle: Stadt Treuchtlingen

In den vergangenen zwei Jahren füllten die Betriebe das Stadtsäckel mit je 6,5 und heuer immerhin noch mit 5,1 Millionen Euro. Für 2020 und 2021 rechnet die Kämmerei dagegen nur mit je gut drei Millionen Euro. Dazu kommt ab 2025 Bayerns Sonderweg bei der Grundsteuer, der zu Mindereinnahmen und einer neuen Hebesatz-Debatte führen werde.

Unter dem Strich bleiben der Stadt nächstes Jahr aus Steuern, Umlagen und Zuweisungen rund 9,6 Millionen Euro, 700.000 weniger als heuer und fast drei Millionen unter dem Rekordjahr 2017. Der Gesamthaushalt hat voraussichtlich ein Volumen von 41,8 Millionen Euro, davon 26,6 im Verwaltungs- und 15,2 im Vermögenshaushalt. Besonders stark steigen die Zuschüsse an die nichtstädtischen Kindergärten, während die Personalkosten wegen des Wegfalls des Krankenhauses leicht sinken.

Hohe Investitionen trotz leerer Kassen

Investiert werden 2020 knapp elf Millionen Euro, 2,4 Millionen mehr als dieses Jahr. Der größte Brocken ist nach wie vor die Altmühltherme mit drei Millionen Euro, gefolgt von der Abwasserentsorgung (2,2 Millionen), dem Straßenausbau und dem neuen Treuchtlinger Feuerwehrhaus (je 2,1 Millionen) sowie den Kindergarten-Erweiterungen (1,8 Millionen).

Da die Stadt dem Vermögenshaushalt aber nur 750 000 Euro zuführen kann, muss sie 600.000 Euro aus Rücklagen entnehmen, Grundstücke für 1,2 Millionen Euro verkaufen und 8,8 Millionen Euro an neuen Krediten aufnehmen (2019: 3,0 Millionen). Der Schuldenstand steigt damit – noch ohne die Stadtwerke – von aktuell 22,1 auf über 30 Millionen Euro. Das sind etwa 2400 Euro pro Einwohner.

Diskutiert wurden im Ausschuss folgende Positionen:

Treuchtlingens homöopathische Spielräume

© NN-Infografik / Quelle: Stadt Treuchtlingen

Kommunale Verkehrsüberwachung:

Hier stehen Ausgaben von 106.000 Euro erwarteten Bußgeld-Einnahmen von 100.000 Euro gegenüber. Unklar ist derzeit die Rechtslage, die Stadt hält sich aber an die Richtlinien des Freistaats und will deshalb vorerst mit der Überwachung weitermachen. Votum: Dafür mit 7:5 Stimmen.

Ausrüstung der Feuerwehren:

Für kleinere Anschaffungen haben die Feuerwehren ein Gesamtbudget von 25.000 Euro, das aber oft zu knapp ist. Die Stadt will es auf 35.000 Euro erhöhen, wohingegen Altbürgermeister Wolfgang Herrmann (CSU) angesichts des Spardrucks nur 30.000 Euro vorschlug. Weitere 15.000 Euro sollen die neuen Winter-Schutzanzüge kosten. Votum: 7:5 Stimmen für das höhere Budget, einstimmig für die Schutzanzüge.

Heizung im Volkskundemuseum:

Das Museum braucht eine neue Heizung, 60.000 Euro würde sie kosten. Zwar wäre laut Rathauschef Werner Baum der Anschluss ans Nahwärmenetz der Therme möglich, falls das geplante Hotel gebaut wird. Die Heizung muss aber schneller her und wäre später auch andernorts nutzbar Votum: Dafür mit 10:2 Stimmen.

Werbung und Sonderausstellung Museum:

Das Museum hat 60.000 Euro für das Marketing angemeldet, in den Vorjahren waren es nur 10.000 Euro. Dabei will die Stadt auch bleiben. Weitere 10.000 Euro soll die nächste Sonderausstellung kosten. "Kultur braucht Werbung", betonte Joachim Grzega (SPD). Allerdings fehle ihm eine stimmige Gesamtausrichtung des Museums, entgegnete Bürgermeister Baum. Die Pläne dafür lägen "seit zehn Jahren aus Kostengründen in der Schublade". Uwe Linss (CSU) stellte sogar in Frage, ob das Museum überhaupt für sich werben sollte, wenn es keine Anhaltspunkte für den Erfolg gebe. "10.000 für eine Sonderausstellung sind in Ordnung, aber nicht, um Flyer zu verteilen", so Hans König (TBL). Votum: Mit 7:5 Stimmen für zweimal 10.000 Euro.

Treuchtlingens homöopathische Spielräume

© NN-Infografik / Quelle: Stadt Treuchtlingen

Volksfest-Marketing:

Die Stadt möchte das Volksfest attraktiver machen und dafür künftig 75.000 statt bisher 65.000 Euro ausgeben. Votum: Mit 6:6 Stimmen gegen die Aufstockung und mit 8:4 Stimmen für das bisherige Budget.

Volksbildungswerk:

Zur erhofften Landkreis-Volkshochschule müsste Treuchtlingen gemäß Einwohnerzahl 35.000 Euro beisteuern. Votum: einstimmig dafür.

Unterhalt der Wanderwege:

Für die Instandhaltung der Wanderwege soll es künftig 25.000 statt bisher 15.000 Euro geben. Votum: Mit 11:1 Stimmen dafür.

Straßenunterhalt:

Für den Straßenunterhalt enthält der neue Etat nur 100.000 statt der zunächst geplanten 300.000 Euro. Grund sind Haushaltsreste aus dem Vorjahr von fast 200.000 Euro.

Parkhaus am Bahnhof:

Mit 50.000 Euro will die Stadt die Machbarkeit eines Parkhauses am Bahnhof ausloten. Darüber, ob und zu welchen Zeiten die Stellplätze im Umfeld reichen, gehen die Meinungen allerdings auseinander – von "alles zugeparkt" bis "immer mindestens 40 Plätze frei". Kristina Becker (CSU) forderte deshalb "verlässliche Zahlen" und geriet wegen dessen grundsätzlicher Haltung mit Stefan Fischer (SPD) aneinander. Es gehe um Voraussicht, sprang diesem Rathauschef Baum zur Seite. Das Parkhaus sei frühestens in zwei Jahren fertig, schon in vier Wochen eröffne aber der "Audi-Bahnhof" in Ingolstadt. "Wir müssen in die Zukunft planen", betonte auch Christian Früh (UFW). "Wenn ein Autofahrer seinen Zug verpasst, weil er am Bahnhof keinen Parkplatz findet, ist er zum letzten Mal Zug gefahren." Dabei sei Deutschland ohnehin "höchst spät dran, um unsere Umwelt zu retten". Hans König kritisierte dies dagegen als "Wunschkonzert vom Feinsten, wenn überall das Geld fehlt" – was wiederum Joachim Grzega nicht so stehen lassen wollte: "Wir leben in Deutschland derzeit nicht über, sondern unter unseren volkswirtschaftlichen Verhältnissen", forderte er mehr Investitionen. Votum: Mit 7:5 Stimmen für die Parkhaus-Planung.

Stadthallen-Bestuhlung:

Die Stadthalle braucht bis zu 450 neue Stühle, da die alten marode sind. Dafür stehen 100.000 Euro im Etat, die in den Vorjahren immer wieder verschoben wurden. Altbürgermeister Herrmann hält den Neukauf auch für notwendig, kritisierte aber die massive Verschmutzung und Beschädigung von Stühlen und Fußboden durch Veranstaltungen wie Halloween-Party, Kinder- und Weiberfasching. Dafür brauche es zusätzlich stabile Bierzeltgarnituren. Votum: Mit 9:3 Stimmen für den Kauf.

Dorfgemeinschaftshaus Möhren:

Ortssprecher Stefan Biber beantragte zusätzliche 20.000 Euro für den Umbau des ehemaligen Möhrener Rathauses zum Gemeinschaftshaus. Laut Bürgermeister Baum haben aber auch viele andere Ortsteile ähnliche Wünsche, die man fast durchweg aus Geldmangel aus dem Haushalt gestrichen habe. Dass er den Antrag ohne weitere Diskussion zur Abstimmung stellte, stieß bei Biber auf Verärgerung. Er vertrete im Stadtrat sein Dorf und habe "das Gefühl, dass mein Beitrag hier nicht gewünscht ist". Dafür entschuldigte sich Baum. Votum: Mit 8:4 Stimmen gegen den Antrag.

Zumindest im Ausschuss zog die CSU/TBL-Fraktion damit bei jeder strittigen Frage den Kürzeren. Ob das auch für den Gesamtstadtrat gilt, wird sich bei der Verabschiedung des Haushalts am 12. Dezember zeigen.

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