Sprichwörter

Kleider machen Leute: Herkunft und Bedeutung des Sprichworts

Simone Madre

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31.3.2022, 08:09 Uhr
Das Sprichwort "Kleider machen Leute" kam schon im 16. Jahrhundert in Büchern vor (Symbolbild).

© Pixabay Das Sprichwort "Kleider machen Leute" kam schon im 16. Jahrhundert in Büchern vor (Symbolbild).

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"Kleider machen Leute" ist ein Sprichwort, das fest in unserem Wortschatz verankert ist. Der erste Eindruck eines Menschen hängt nicht selten von der Kleidung ab, denn Menschen werden zunächst immer noch nach ihrem Äußeren beurteilt. Dies bedeutet also, dass die Wahrnehmung einer Person stark von seiner Kleidung beeinflusst wird. Kleider machen Leute – was muss man darüber wissen?

Die Wahl unserer Kleidung sagt viel über den Charakter einer Person aus. Für wichtige Termine wie beispielsweise Vorstellungsgespräche ist passende Kleidung unabdingbar. Menschen lassen sich in ihrem Urteil häufig von der Kleidung des Gegenübers beeinflussen. Im Beispiel des Vorstellungsgesprächs verleiht ein Businesskleid der Bewerberin eine seriöse und kompetente Ausstrahlung.

Gepflegte Kleidung fördert Ansehen und die Sympathie. In einigen Berufsgruppen ist eine bestimmte Kleiderordnung sogar verpflichtend. Beispielsweise sind in Banken, die Angestellten häufig adrett gekleidet und Anzug sowie Krawatte an der Tagesordnung. Im Gegensatz dazu wäre die gleiche Kleiderordnung in einem handwerklichen Beruf beispielsweise völlig fehl am Platz.

Das Sprichwort "Kleider machen Leute" kam erstmals in Büchern des 16. Jahrhunderts vor. Dort wurde schon von den Römern der lateinische Ausdruck "Vestis virum reddit" verwendet, der das Gleiche ausdrückt. Dieses Sprichwort versinnbildlicht eine römische Verhaltensregel des Rhetorik-Lehrers Quintilian und war ursprünglich eine Mahnung. Man sollte Erfolg oder Wohlstand nicht durch eine entsprechende Kleidung vortäuschen.

"Kleider machen Leute" ist zugleich eine bekannte Novelle des Schweizer Dichters Gottfried Keller. Im Jahr 1874 erschien diese im dritten Band der zweiten Auflage seiner Novellensammlung "Die Leute von Seldwyla". In der Geschichte spielt der Schneidergeselle Wenzel Strapinski die Hauptrolle. Er kleidet sich trotz Armut außergewöhnlich gut. Strapinski reist in die fremde Stadt Goldach und wird aufgrund seines Erscheinungsbildes für einen polnischen Grafen gehalten. Da er zu schüchtern ist, kann er die Verwechslung nicht aufklären und erwägt eine schnelle Flucht.

Just in diesem Moment trifft er auf die Tochter des Amtsrates. Die beiden verlieben sich ineinander und der Schneider spielt die Rolle des Grafen weiter. Denn für eine Offenbarung ist es nun schon zu spät. Ein Nebenbuhler wird neidisch und sorgt für die Entlarvung des Hochstaplers. Auf der Verlobungsfeier des verliebten Paares kommt es zum skandalösen Ereignis. Der Schneidergeselle möchte erneut fliehen, doch seine Braut findet ihn und stellt ihn zur Rede. Als sie merkt, dass die Liebe wahrhaftig ist, bekennt sie sich zu ihm und die Hochzeit findet dennoch statt. Mit Hilfe ihres Vermögens gründet Strapinski ein eigenes Atelier. Dieses verschafft ihm Ansehen und Wohlstand – Kleider machen eben doch Leute.

Die Novelle verdeutlicht, wie leicht man sich durch das äußere Erscheinungsbild eines Menschen täuschen lässt. Bis heute gelingt es immer wieder Betrügern, mit Hilfe ihres Erscheinungsbildes andere Leute zu blenden und sich durch das gewonnene Vertrauen Vorteile zu verschaffen. Die jüngste Story vom "Tinder-Schwindler" ist wohl nur ein weiteres Beispiel in einer endlos langen Liste, in welcher Kleider Leute machen oder über die Herkunft täuschen.

Es gibt zahlreiche Sprichwörter, die eine ähnliche Bedeutung haben - sowohl in deutscher als auch in englischer Sprache.

- "Affen bleiben Affen, auch wenn man sie in Sammet kleidet" (Sammet ist eine nicht mehr gebräuchliche Bezeichnung für Samt)
- "Fine feathers make fine birds” (schöne Federn machen schöne Vögel)
- "Clothes makes the man” (Kleidung macht den Mann)
- "Grobe Tücher geben keine feinen Kleider"
- "Ehrt eure Kleider, sie ehren euch wieder"

- Gut Ding will Weile haben
- Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
- Hochmut kommt vor dem Fall
- Morgenstund hat Gold im Mund
- Alle Wege führen nach Rom