Atomkraft: Der Kurzschluss nach dem Beben von Fukushima

Florian Heider

Nürnberger Zeitung

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7.3.2021, 11:59 Uhr
Spätestens zum 31. Dezember 2022 soll das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz gehen.

© Julian Stratenschulte, dpa Spätestens zum 31. Dezember 2022 soll das letzte deutsche Kernkraftwerk vom Netz gehen.

Das Beben, das vor zehn Jahren die japanische Ostküste traf, ließ die Welt schaudern: Tausende Tote, zerstörte Städte und Landschaften – es waren apokalyptische Bilder, die sich blitzschnell über den Globus verbreiteten. Die folgende Havarie im Atomkraftwerk Fukushima Daiichi bot tagelangen Horror in Echtzeit auf dem heimischen Fernsehschirm. Es ist menschlich verständlich, dass angesichts von Rauch, Explosionen und Ruinen auch deutsche Politiker es mit der Angst zu tun bekamen und den wenigen verbliebenen Kernkraftwerken zügig den Saft abdrehen wollten. Doch Angst ist ein schlechter Ratgeber.

"Fukushima ändert alles“, sagte sehr schnell nicht nur Bayerns damaliger Umweltminister Markus Söder. Der Satz wurde in der einst so atomfreundlichen Union zum Mantra. Die Physikerin Angela Merkel, deren schwarz-gelbe Koalition nur Monate zuvor eine Laufzeitverlängerung für die deutschen Meiler im Bundestag beschlossen hatte, marschierte plötzlich an der Spitze der Ausstiegsbewegung.

Ein Glücksfall für die Grünen

So zynisch es klingt: Für die Grünen, die über Jahrzehnte aus dem Schüren der Angst vor der Atomenergie politisches Kapital schlugen, war der größte anzunehmende Unfall, der GAU in Japan, einer der größten anzunehmenden Glücksfälle. Bei verschiedenen Landtagswahlen 2011 ging es für die Grünen nur in eine Richtung: steil bergauf. Nachhaltigster Triumph: die Übernahme der Regierung in Baden-Württemberg – bislang ohne absehbares Ende.


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So gehen also spätestens zum 31. Dezember 2022 die wahrscheinlich sichersten Kernkraftwerke der Welt vom Netz. Die Lücke in der Versorgung sollen "Erneuerbare“ füllen, die den deutschen Haushalten seit Jahren mit die höchsten Strompreise in der EU bescheren. Mit seiner Prognose, die Energiewende würde jeden Haushalt pro Monat so viel kosten wie eine Kugel Eis, lag der einstige grüne Umweltminister Jürgen Trittin jedenfalls ziemlich daneben.

Nachweinen bringt nichts

Günstiger, praktisch CO2-freier Atomstrom aus dem eigenen Land hätte einen moderierenden Effekt auf die Preisentwicklung nehmen können. Es wäre auch nachhaltiger gewesen, die akribisch gewarteten und überwachten deutschen Anlagen länger zu nutzen – so wie man sein Auto nicht ohne Not verschrottet, wenn es doch noch gut in Schuss ist.

Auf Dauer aber bringt es nichts, der Kernkraft nachzuweinen. Die Energiewende ist beschlossen, ihre Sinnhaftigkeit weitgehend akzeptiert: Saubere Energie, mit geringem Risiko erzeugt – wer könnte etwas dagegen haben? Dissens besteht eher in der konkreten Ausgestaltung, etwa beim Ende der Kohleverstromung, die auch dank Atomausstieg zwischenzeitlich eine kleine Renaissance erlebt hat: Maximalforderungen à la "Fridays for future“ oder längerfristige Planung, die Bürgern und Industrie Zeit gibt, sich veränderten Bedingungen anzupassen?

Gegen die Bürger wird es nicht klappen

Elementarer Bestandteil der Energiewende ist die drastische Reduzierung des Verbrauchs. Akzeptanz kann die Politik nur dann erwarten, wenn die Bürger sich nicht überrumpelt und gezwungen fühlen. Das geht nur mit vorausschauendem, datengestützten Handeln – nicht mit Kurzschlussreaktionen wie nach Fukushima.

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