Berechtigte Kritik an Corona-Maßnahmen: Angst machen ist keine Politik
29.10.2020, 15:16 Uhr
FDP-Chef Christian Lindner sprach von Zwangsschließungen, auch in anderen Oppositionsparteien bröckelt die einstige Front der Einigkeit.
Wundern muss sich die Bundeskanzlerin darüber nicht. Hat sie doch kräftig an den vorherrschenden Eindruck, wonach die Ministerpräsidentenkonferenz und die Regierungschefin die eigentliche Machtzentrale in diesen Pandemie-Zeiten sind, mit konstruiert. Ein bemerkenswerter Vorgang: Denn dieses Gremium besitzt eigentlich keinerlei Legitimation für weitreichende Maßnahmen.
Selbst Corona hat die Gewaltenteilung nicht ausgehebelt. Eigentlich müssten Bundestag und Länderparlamente Zentren der politischen Diskussion bleiben. Genau dort sollte auch über die vielen Ungereimtheiten debattiert werden, die im De-Facto-Lockdown, der uns nun ab Montag bevorsteht, enthalten sind.
Drei Beispiele verdeutlichen dies: Warum dürfen Familien in den Herbstferien nicht innerhalb Deutschlands verreisen? Wo läge etwa die Gefahr eines Wanderurlaubs im Schwarzwald mit Übernachtung in einer Ferienwohnung?
Warum müssen alle Theater vier Wochen lang schließen? Wer in den vergangenen Wochen eine Inszenierung im Nürnberger Staatstheater besucht hat, der weiß, was ein schlüssiges Hygienekonzept bedeutet. Das Gefahrenpotenzial liegt dort bei Null.
Warum müssen die Millionen Freizeitsportler im Lande in Pauschalhaft genommen werden? Es mag Gründe geben, Fitnessstudios zu schließen, gegen das Ausüben anderer Sportarten im Verein spräche hingegen nichts.
Natürlich müssen Risikogruppen geschützt, natürlich müssen Hygieneregeln konsequent eingehalten werden und natürlich sollten private Kontakte temporär reduziert werden. All dies werten – von den wenigen Unbelehrbaren abgesehen – fast alle Bürger im Lande als vernünftig.
Appell an die Vernunft
Genau darauf kommt es an: Die Vernunft der Menschen sollte die Leitschnur für die Regierenden sein. Nicht das Schüren von Angst. Was sollen Warnungen vor einem einsamen Weihnachtsfest oder dem Unheil, das die Pandemie nach sich zieht anderes bewirken als den Menschen im Lande Angst zu machen?
Ja, längst nicht so viele Menschen wie nach dem ersten Lockdown halten sich an die Regeln. Dies zu verändern ist Teil der Herausforderung, vor der die Politik derzeit steht. Gelingen kann dies nur mit einem permanenten Erklären und mit dem Mut, falsche und unnötige Maßnahmen auch wieder zurückzunehmen.
Im Moment kann man den Eindruck gewinnen, dass das permanente Wiederholen von Schreckensszenarien die Kommunikation beherrscht. Das macht Angst!
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