Coronavirus: Bayern verlängert Ausgangsbeschränkungen bis zum 10. Mai

Roland Englisch

Nürnberger Nachrichten

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29.4.2020, 12:16 Uhr

In Bayern dürfen alle Geschäfte wieder öffnen, vorausgesetzt, sie beschränken ihre Verkaufsfläche auf 800 Quadratmeter. So hatte es der Verwaltungsgerichtshof am Montag angemahnt, so hat es das Kabinett jetzt beschlossen. Gleichzeitig allerdings verlängert die Regierung die Ausgangsbeschränkungen bis mindestens 10. Mai.

Ministerpräsident Markus Söder verteidigt das Vorgehen. Er wolle, dass die Menschen trotz Corona "so normal wie möglich leben können, aber ohne die Gefahr eines Rückfalls". Niemand könne ein Land "auf Dauer abriegeln", sagt Söder. Deshalb werde der Freistaat "Anpassungen vornehmen, nicht stur, aber flexibel", "atmend", wie er das nennt. "Wenn es besser geht, muss es schneller gehen mit den Lockerungen. Wenn es schlechter läuft, langsamer. Und alles mit regionalen Unterschieden."

Söder sorgt sich vor zweiter Corona-Welle

Söders große Sorge. Das Land könnte in eine zweite Corona-Welle stolpern, auf die es nicht vorbereitet wäre. Deshalb hält er nichts von Aussagen wie des nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet. Der CDU-Politiker, der Kanzlerkandidat seiner Partei werden will, steht unter Druck und will schnell lockern. Kritik an Virologen blockt er ab, sie änderten ständig ihre Positionen. Söder stellt sich vor die Wissenschaftler: "Sie haben uns geholfen, dass wir eine Situation wie in Italien nicht bekommen haben. Wir sollten ihnen nicht nur dankbar sein, sondern ihnen weiter vertrauen." Im Moment wachse das Wissen über das Virus täglich. Das verändere die Sichtweise auf die richtigen Schritte.

Söder stellt seit einiger Zeit die Familien in den Mittelpunkt seiner Anti-Corona-Strategie. Das Wirtschaftliche sei das eine. Die größte Herausforderung aber stelle sich den Familien. "Dort ist die mit Abstand wichtigste Arbeit zu leisten. Und dort ist es auch am Sensibelsten." Söder spielt auf die unterschiedlichen Lebensverhältnisse der Familien und der Partnerschaften an.

Die wichtigsten Themen der Kabinettssitzung im Überblick

Alten- und Pflegeheime: Weil ihre Bewohner zu den höchstgefährdeten Menschen gehören, sind sie abgeriegelt. Söder plädiert dafür, dass die Menschen in den Heimen regelmäßiger als bisher auf Corona getestet werden. Bis nächste Woche will das Kabinett mit den Heimträgern auch festlegen, wie Besuche wieder möglich werden, etwa mit festen Kontaktpersonen, festen Besuchszeiten und Nachverfolgbarkeit. Besuche müssten, sagt Söder "nicht nur zur Sterbebegleitung, sondern auch zur Lebensbegleitung möglich sein".

Schulen und Kitas: Die Abschlussjahrgänge sind wieder im Unterricht, in zwei Wochen folgen jene Klassen, die im nächsten Schuljahr abschließen werden. Es werde "einen Dreiklang" geben aus Präsenzunterricht, Lernen zuhause und Notfallbetreuung, sagt Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler). Bayern übernimmt schon jetzt für drei Monate die Beiträge der Eltern für Kitas; jetzt wird das Land auch die Gebühren für die Mittags- und Nachmittagsbetreuung übernehmen, die ebenfalls ausfällt.

Piazolo bestätigt, was Söder tags zuvor angekündigt hat: Bis Pfingsten sollen alle Schüler wenigstens einmal in der Schule gewesen sein. Die Schule, sagt er, sei "ein sozialer Ort und ein Ort der Begegnung". Möglicherweise können sich Familien auch zur Kinderbetreuung zusammentun. Das hängt allerdings davon ab, für wie hoch das Robert-Koch-Institut das Infektionsrisiko durch kleine Kinder einschätzt.

Gastronomie, Hotellerie und Tourismus: Söder macht ihnen wenig Hoffnung, dass es schnell gehen könnte. Er nennt wie bisher auch schon einen Termin "um Ende Mai, um Pfingsten herum", an dem zumindest die Gaststätten wieder langsam hochfahren könnten. Wann dies bei Hotels der Fall sein wird, deutet Söder nicht an.

Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger, bisher forscher, gibt sich einig mit Söder. Österreich mache es vor, sagt Aiwanger. Das Land, das in der Krise dem Freistaat etwa zwei Wochen voraus ist, will Mitte Mai seine Gastronomie starten lassen, Anfang Juni auch die Hotellerie. In Bayern wäre das ein Termin Mitte Juni.

Geschäfte: Es war nur noch ein formaler Akt, den das Kabinett vollzogen hat. Weil der Verwaltungsgerichtshof die unterschiedlichen Regeln bei den Geschäftsöffnungen moniert hat, nicht aber die Obergrenze von 800 Quadratmetern, gibt das Land nun grünes Licht für alle Geschäfte bis hinzu den Kaufhäusern. Sie müssen ihre Verkaufsflächen allerdings auf 800 Quadratmetern begrenzen. Offen ist, wie es mit Einkaufszentren weitergehen soll.

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