Wirtschaftsexperte zu Corona: "Halten das nicht lange durch"

Dominik Mayer

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27.3.2020, 06:41 Uhr

Wie groß ist ihre Angst um die deutsche Wirtschaft?
Matthias Fifka: Kurz- und mittelfristig schon groß, weil das natürlich eine Krise ist, die wir in dieser Form noch nie hatten. Nahezu alle Wirtschaftszweige und Unternehmensgrößen sind sehr stark betroffen. Das ist etwas Neuartiges. Und wir sind in enormer Geschwindigkeit zu einem fast vollständigen Stillstand gekommen. Normalerweise sind Krisen ja eher schleichend, kündigen sich an und verschärfen sich dann zusehends.

Viele erinnern sich noch an die Finanzkrise, die im September 2008 mit der Pleite der Bank Lehman Brothers begann. Was sind die Unterschiede zwischen der Situation jetzt und damals?
Fifka: Es gibt da viele Unterschiede: Die Krise damals war in gewisser Weise das Verschulden einiger Akteure, in allererster Linie von Akteuren im Finanzsystem und der Immobilienwirtschaft. So wurde aus einer Immobilienkrise eine Bankenkrise und schlussendlich eine Wirtschaftskrise. Dieses Mal ist die Krise natürlichen Ursprungs. Damals hat sich die Situation auch über einen längeren Zeitraum zugespitzt, was den Umgang damit etwas erleichtert hat. Die Geschwindigkeit jetzt hat alle erschlagen. Und wir haben heute einen Stillstand fast allen Gewerbes. Ein Beispiel: Damals sind Menschen immer noch ins Restaurant gegangen oder Taxi gefahren – wenn auch vielleicht nicht mehr so viele wie zuvor – jetzt findet mit wenigen Ausnahmen wie dem Einzelhandel gar kein Geschäft mehr statt.


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Die Verschiffungspreise von Rohstoffen – ein Frühindikator für den Welthandel – sind in etwa so stark gefallen wie 2008. Wird es also genauso schlimm wie damals oder sogar noch schlimmer?
Fifka: Das hängt ganz massiv davon ab, wie lange uns diese Krise noch beschäftigen wird. Das vermag momentan niemand zu sagen, auch die Virologen sind ja diesbezüglich sehr vorsichtig. Wenn uns aber der gesundheitliche Aspekt noch länger beschäftigen wird, dann, denke ich, wird es schlimmer als damals. Ich befürchte, die Zahl der Insolvenzen könnte größer sein als das in der Finanzkrise der Fall war. Natürlich immer abhängig davon, wie lange uns das Virus noch begleitet.


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"Es gibt auch Grenzen"

Viele Menschen haben nun Angst, ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Lässt sich prognostizieren, wie stark die Arbeitslosigkeit steigen wird?
Fifka: Nein, da wäre jede Prognose unseriös. Umso schneller wir zur Normalität zurückkehren können, desto positiver wird sich das natürlich entwickeln. Ich glaube aber, dass wir in Deutschland eine wirtschaftliche und auch staatliche Leistungsfähigkeit haben, die uns im Vergleich zu anderen Ländern besser durch die Krise kommen lässt.

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