Weihnachtsgans und Räuchertofu

So verbringen Veganer und Fleischesser ein friedliches Weihnachten zusammen

Azeglio Elia Hupfer

Online-Redaktion

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18.12.2023, 12:46 Uhr
Der reichlich mit tierischen Erzeugnissen gefüllte Essenstisch kommt bei jedem und jeder Achten 15- bis 29-Jährigen heute nicht mehr so gut an.

© CSP_monkeybusiness via www.imago Der reichlich mit tierischen Erzeugnissen gefüllte Essenstisch kommt bei jedem und jeder Achten 15- bis 29-Jährigen heute nicht mehr so gut an.

Laut Statista leben 2023 in Deutschland etwa 1,52 Millionen Menschen, die sich selbst als Veganer einordnen und rund 8,12 Millionen Vegetarier. Unter den 15- bis 29-Jährigen isst jede achte Person kein Fleisch, wie der aktuelle Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung zeigt.

Gans, Ente oder Karpfen im Hauptgang vom Festtagsessen stoßen folglich auf wenig Zustimmung und auch die meisten Zimtsterne und Vanillekipferl enthalten tierische Zutaten. Diskussionen um das passende Weihnachtsessen innerhalb der Familie sind dann keine Seltenheit. Damit das Weihnachtsfest für alle genießbar wird und dennoch besinnliche Stimmung aufkommen kann, haben wir ein paar nützliche Tipps gesammelt.

1. Rechtzeitig planen

Erst wenn die Gäste feststehen, kann das Weihnachtsessen geplant werden. Zur Planung gehört auch herauszufinden, wer was isst. Bestehen bei Gästen Allergien oder Unverträglichkeiten? Sind vegetarische und vegane Personen dabei? Erst dann kann entschieden werden, ob die oftmals fleischhaltigen Traditionsgerichte entweder ganz durch ein pflanzenbasiertes Weihnachtsmahl ersetzt werden oder ob es zusätzlich ein vegetarisches beziehungsweise veganes Gericht als Alternative gibt.

2. Basics kennen

Was bedeutet es überhaupt, vegan oder vegetarisch zu sein und wo liegen die Unterschiede? Bei der vegetarischen Ernährung werden keine Tiere gegessen - auch kein Fisch und auch keine zu beispielsweise Wurst verarbeiteten Produkte. Joghurt, Käse und Eier sind okay. Bei vegan lebenden Menschen fallen alle Produkte tierischen Ursprungs aus der Ernährung heraus. Also auch Milchprodukte, Eier und Honig.

3. Viele Plätzchen gehen auch vegan

Unter Essen fällt natürlich nicht nur das Festmahl, auch die Plätzchen dürfen nicht fehlen. Weihnachten ist ein Fest der Liebe. Kein Familienmitglied sollte sich daher bei den Feierlichkeiten ausgeschlossen fühlen. Ein schönes Zeichen an Menschen, die sich ohne tierische Produkte ernähren, sind vegane Plätzchen. Klassiker wie Spitzbuben und Vanillekipferl sind etwa ganz leicht mit pflanzenbasierten Zutaten herzustellen. Die klassische Butter kann eins zu eins durch eine pflanzenbasierte Butter ersetzt werden.

Zum Plätzchenbacken benötigt man auch nicht zwingend Eier. Im Bioladen und gut sortierten Supermärkten wird pflanzlicher Ei-Ersatz angeboten. Chia- und Leinsamen eignen sich auch sehr gut als Bindemittel. Ein Esslöffel Samen wird mit drei Esslöffeln Wasser gemischt und dann quellen gelassen.

Ist man sich bei seinen eigenen Rezepten unsicher, ob sie sich vegan umsetzen lassen, gibt es hierfür unzählige Rezepte für vegane Plätzchen im Internet. Auch Instagram und TikTok sind voll mit Inspirationsquellen. Gute Anlaufstellen sind etwa vegane Foodblogs wie "Zucker & Jagdwurst" und "Eat this!".

4. Inspiration für ein veganes Festessen

Auf der Suche für ein veganes Festmahl gilt wie bei den Plätzchen der Hinweis auf zahlreiche Influencer und Foodblogs mit kreativen Weihnachtsmenüs. Eine von ihnen ist Buchautorin und Bloggerin Bianca Zapata.

Als Gänsekeulen-Ersatz können etwa Jackfruit oder Austernpilze in Reispapier eingewickelt werden. Anschließend werden die "Keulen" mit Marinade bestrichen und im Ofen knusprig gebacken. Die Bratensoße gelingt mit Tomatenmarkt, Sojasoße und Rotwein. Klöße und Blaukraut eignen sich wie beim Original als Beilagen.

Chili sin Carne - also ohne Fleisch - ist ganz einfach mit weihnachtlicher Geschmacksnote und vegan zuzubereiten. Als Fleischersatz eignen sich hier beispielsweise Tofu, Seitan, Sojagranulat, veganes Hackfleisch oder Linsen. Zimt und Walnüsse sorgen für die winterliche Note.

5. Kochgruppen bilden

Wenn beim Weihnachtsfest nicht auf die Gans, den Karpfen oder die Ente verzichtet werden soll, ist eine alternative Hauptspeise für die vegetarischen oder veganen Gäste notwendig. Entweder es kümmert sich eine vegetarisch oder vegan lebende Person um das Gericht. Alternativ können auch Kochgruppen gebildet werden, die sich gemeinsam um die Zubereitung verschiedener Gerichte kümmern. So könnten sowohl tierische als auch pflanzenbasierte Speisen angeboten und auf gesellige Art voneinander Rezepte gelernt werden.

6. Vorsicht bei Getränken

Wein und Glühwein sind nicht zwangsläufig vegan, obwohl die Weinerzeugung auf der Vergärung von Trauben basiert. Hilfsmittel wie Gelantine von Fischen oder Hühnereiweiß können Bestandteile des Weins sein. Bier ist vegan, wenn es nach dem Reinheitsgebot (Hopfen, Malz, Hefe und Wasser) gebraut wurde.

7. Hilfe beim Einkauf

Um auf der sicheren Seite zu sein, sollte eine vegetarische oder vegane Person beim Einkauf mit dabei sein. Ansonsten helfen bei der Orientierung auch die gelben Siegel mit dem "V" auf den Produkten. Sehr viele vegetarische und vegane Produkte sind damit gekennzeichnet. Unter dem "V" steht zudem, ob es sich um ein veganes oder vegetarisches Produkt handelt. Auch das Smartphone kann eine Hilfe sein. Mit der App CodeCheck können die Barcodes auf den Produkten eingescannt werden. Die Anwendung zeigt neben einer Nährwert-Ampel auch an, ob das Produkt vegan, vegetarisch, laktose- und glutenfrei ist.

8. Diskussionen sachlich halten

Menschen entscheiden sich aus unterschiedlichen Gründen für eine vegane Lebensweise. Es sind meist ethische, ökologische und/oder gesundheitliche Motive, die zu solch einer Umstellung führen.

"Probier doch nur mal dieses kleine Stück Braten, das schmeckt so lecker." Derartige Aufforderungen oder gar provokante Kommentare gegenüber Vegetariern oder Veganern können für schlechte Stimmung sorgen oder auch beleidigend sein. Genau so können auch Hinweise auf Massentierhaltung und tote Tiere andere Gäste nerven sowie belehrend und überheblich auf diese wirken.

Kommt es dennoch zu Diskussionen, sollte der Meinungsaustausch von allen Parteien sachlich bleiben. Ein reger Austausch über das Thema Veganismus kann dabei auch zu mehr Aufklärung über die pflanzliche Ernährung beitragen und dabei helfen, Vorurteile abzubauen.

9. Argumentative Hilfestellung

An Weihnachten prallen in Familien oft Welten aufeinander. Der Satiriker El Hotzo beschreibt solche Situationen mit "dem einen Onkel", der von "Klima-RAF" und "Gender-Diktatur" spricht. Häufig im Fokus solcher Streitgespräche: Die vegane Lebensweise. Die Argumente und Vorurteile sind dabei seit Jahren gleich: "Der Löwe isst auch Fleisch", "Soja ist ungesund und zerstört den Regenwald" oder "Fleischersatzprodukte sind Heuchelei".

Behauptungen, die längst widerlegt sind, beziehungsweise ganz sachlich eingeordnet werden können. Zur Vorbereitung auf derartige Diskussionen bietet sich etwa das Vegane Bullshitbingo von Ernährungswissenschaftler Niko Rittenau auf YouTube an.

10. Miteinander nicht gegeneinander

Grundsätzlich gilt an Weihnachten jedoch: Miteinander austauschen, statt gegeneinander ankämpfen. Neue Erfahrungen bieten immer die Chance, das eigene Leben zu bereichern. Essen verbindet. Das Miteinander sollte genossen werden. In diesem Sinne, frohe Festtage.

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