Entspannungsmethoden
Was Achtsamkeit bedeutet - und wie sie uns im Alltag hilft
22.11.2023, 14:43 UhrIn diesem Artikel:
Oftmals ist der Alltag von Stress und Hektik geprägt. Neben dem vollen Terminkalender mit Job, Zeit für Familie und Freunde, dem Haushalt und Hobbys ist kaum Zeit für Entschleunigung und Entspannung im Alltag.
Dagegen soll Achtsamkeit helfen. Aber wie? Ist Achtsamkeit nur ein Modewort oder steckt wirklich mehr dahinter? Welche Achtsamkeitsübungen eignen sich zum Nachmachen und worauf sollte man dabei achten? In diesem Artikel erfahren Sie mehr.
Definition: Was ist Achtsamkeit?
Achtsamkeit (englisch: mindfulness) bedeutet, im Hier und Jetzt zu sein - und das nicht nur mit dem Körper, sondern auch mit dem Kopf. Man denkt weder an die Zukunft noch an die Vergangenheit, sondern achtet auf den Moment. Das kann bedeuten, den eigenen Atem bewusst zu fühlen, die Umwelt genau wahrzunehmen und genau in sich hineinzuspüren, welche Gefühle man gerade empfindet und wie sich der Körper anfühlt.
Wichtig: Es geht dabei darum, auf den Moment zu achten, ohne ihn zu bewerten - was ganz schön schwer sein kann. Ziel ist es also, den Kopf zu leeren von kreisenden Gedanken, Fantasien und Erinnerungen. Das soll langfristig die psychische Gesundheit schützen und das Leben entschleunigen. Demnach ist Achtsamkeit eine Form der Aufmerksamkeit mit einem besonders hohen Wahrnehmungs- und Bewusstseinszustand.
Achtsamkeit wird als eine Form der Meditation verstanden. Das Konzept hat seinen Ursprung im Buddhismus. Nach einer buddhistischen Lehrrede gibt es vier grundlegende Formen der Achtsamkeit:
- die Achtsamkeit auf den Körper (wie fühlt er sich an, wie geht es ihm?)
- die Achtsamkeit auf die Gefühle (der Gefühle bewusst werden und sie wertfrei wahrnehmen)
- die Achtsamkeit auf den Geist (mentalen Zustand wie Stress oder Zerstreutheit bewusst werden und einfach wahrnehmen)
- die Achtsamkeit auf Objekte (bewusste Wahrnehmung der Umwelt)
Achtsamkeit kann in verschiedenen Formen geübt werden, wie beispielsweise Meditationen, Atemübungenen und einem bewussten Leben im Alltag.
Welche Vorteile bringt Achtsamkeit mit sich?
Achtsamkeit bietet zahlreiche potenzielle Vorteile, die im Folgenden vorgestellt werden.
Reduzierung von Sorgen
Achtsamkeitstraining soll Sorgen reduzieren. Durch die Fokussierung auf den Moment und das "Hier und Jetzt" tritt man für eine Weile aus sorgenvollen Gedanken um die Zukunft heraus und macht sich bewusst, wo man jetzt steht. Die Wahrnehmung vieler Dinge, die man sonst vielleicht für selbstverständlich hält, kann zu Dankbarkeit und einer optimistischeren Grundeinstellung führen.
Stressreduktion
Achtsamkeit-Praktiken helfen dabei, Stress abzubauen und die Stressreaktion des Körpers zu reduzieren. Im ersten Schritt geht es darum, den Stress und die damit verbundenen Gefühle bewusst zuzulassen und diese wach und wertfrei wahrnehmen.
Eine Zeit der Achtsamkeit an einem stressigen Tag kann den Blick für unsere Bedürfnisse und Optionen öffnen. Zudem kann ein Moment der Achtsamkeit wie eine Pause dienen, nach der wir unsere Reaktion auf den Stress bewusst wählen können, statt wie auf Autopilot zu reagieren.
Denn wenn wir uns bewusst sind, was wir aktuell tun, dann können wir uns auch bewusst für einen anderen Weg entscheiden.
Emotionale Regulation
Mithilfe von Achtsamkeitstraining kann man lernen, seine Gefühle und Emotionen besser zu verstehen und besser mit ihnen umzugehen. Denn wenn Gefühle beiseitegeschoben oder unterdrückt werden, können sie weiter schwären und uns auf Arten beeinflussen, die uns gar nicht bewusst sind.
Manche Menschen sind so gut im Filtern ihrer Gefühle, dass sie gar nicht mehr unbedingt bemerken, wenn sie etwas Unangenehmen fühlen - so schnell schieben sie es unterbewusst weg.
Achtsamkeit ist hierbei kein Allheilmittel, aber ein erster Schritt, um Gefühlen Raum zu geben und diese einfach mal so stehen zu lassen. Das kann dabei helfen, dass sich diese nicht aufschaukeln.
Steigerung der Konzentration
Achtsamkeit kann die Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeit verbessern.
Verbesserte Beziehungen
Indem man achtsam in Interaktionen tritt, können Beziehungen zu anderen vertieft werden. Durch Achtsamkeitsübungen lernen Menschen, ihre eigenen Gedanken und Gefühle besser zu verstehen und besser wahrzunehmen, wie sich das Gegenüber verhält. Somit kann man angepasst reagieren und manchen Konflikt schon lösen, bevor er sich zum Streit entwickelt.
Psychohygiene
Zudem kann Achtsamkeit als eine Form der Psychohygiene verstanden werden. Diese dient der Sensibilisierung des eigenen Körpers, der eigenen Gedanken und Umwelt. Somit lernt man selbst, sich stärker auf die Sinne zu konzentrieren. Achtsamkeit-Übungen werden teilweise auch bei der Behandlung von Depressionen, Angst- oder Persönlichkeitsstörungen eingesetzt.
Entschleunigung des Alltags
Regelmäßige Achtsamkeit im Alltag kann die Geduld gegenüber sich selbst und anderen fördern. Zudem kann Achtsamkeit zu einer bewussten Entschleunigung im Alltag beitragen, indem Alltägliches langsamer und somit bewusst wahrgenommen werden.
Achtsamkeit lernen: Geht das?
Achtsamkeit ist nicht angeboren, sondern kann erlernt werden. Infolgedessen gibt es zahlreiche Bücher, Podcasts und Kurse, um die Grundlagen der Achtsamkeit zu verstehen und diese in den eigenen Alltag zu integrieren.
Achtsamkeit-Beispiele im Alltag
Im Alltag kann man versuchen, die Umwelt und sich selbst bewusst wahrzunehmen. Dabei achtet man immer wieder auf die eigenen Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Fühlen, Schmecken) und konzentriert sich auf alltägliche Phänomene und Prozesse.
Dafür nimmt man sich bewusst Zeit und legt das Handy weg. Vielen Menschen hilft auch ein Wecker, der nach zehn bis 15 Minuten klingelt. Das hilft dabei, "so lange durchzuhalten" und sich in dieser Zeit nur auf die Wahrnehmung zu konzentrieren.
Beim Essen kann man sich beispielsweise auf den Geruch, Geschmack und die Textur fokussieren und das Essen so viel bewusster und intensiver wahrnehmen. Sobald die Gedanken abschweifen, versucht man sich wieder auf die Situation zu beziehen und die Gedanken vorbeiziehen zu lassen.
Achtsamkeitsübungen zum Nachmachen
Wer Achtsamkeit trainieren möchte, kann sich daher an den folgenden Übungen orientieren:
Stilles Sitzen und Atemmeditation
Diese einfache Achtsamkeitsübung mit Atemmeditation kann ideal in den Alltag integriert werden. Dafür setzt man sich an einem ruhigen Ort aufrecht hin, hält die Augen offen und richtet den Blick geradeaus. Gleichzeitig versucht man, die eigene Atmung bewusst wahrzunehmen.
Dies tut man, indem man die Atemzüge gedanklich mit "ein" und "aus" begleitet. Auftauchende Gedanken werden nicht bewertet, sondern man lässt diese vorbeiziehen, um wieder zur bewussten Atemmeditation zurückzukehren.
Bewusst gehen
Den Weg zur Arbeit, in den Supermarkt oder einen Spaziergang in der Natur kann man nutzen, um sich zu fokussieren und Achtsamkeit zu üben. Das Gehen erfolgt heutzutage so automatisiert, dass man dies nur selten bewusst wahrnimmt.
Dies ist bei der Gehmeditation anders: Hier konzentriert man sich darauf, wann die Füße den Boden berühren, welche Muskeln sich an- und entspannen, und beeinflusst bewusst das Tempo.
Auch interessant: Gesund durchs Leben: Wie viele Schritte sollte man pro Tag gehen?
Sport-Übung
Bei der nächsten Sporteinheit sollte man genau auf den Körper achten. Daher sollte man stets bei der Aktivität bleiben und die Gedanken nicht abschweifen lassen. Stattdessen kann man sich Fragen stellen wie beispielsweise "Wie fühlen sich meine Muskeln an?", "Wie ist meine Atmung?", "Wie fühlt sich die Anstrengung im Körper an?"
Bewusstes Kochen
Wenn man sich selbst Essen zubereitet, möchte man dies oftmals schnell und ohne großen Aufwand tun. So kommt es, dass man schnell Zutaten zusammenrührt und das fertige Essen rasch und abgelenkt verspeist. Allerdings eignet sich vor allem das Kochen zum Training der Achtsamkeit.
Man kann beispielsweise an frischen Gewürzen und Zutaten riechen, die Haptik der einzelnen Zutaten spüren und zwischendurch mit einem Löffel genüsslich abschmecken. Zudem kann man spüren, wie sich das Messer oder der Pfannenwender in der Hand anfühlen.
Ameisen beobachten
In der Natur bieten sich viele Gelegenheiten, zur Ruhe zu kommen und einfach mal bewusst und über einen längeren Zeitraum zu beobachten: beispielsweise, wie Ameisen entlang einer Ameisenstraße entlang laufen und was diese transportieren. Oder wie die Wolken über den Himmel ziehen und dabei ihr Aussehen verändern.
Kerzen beobachten
Kerzen sorgen nicht nur für eine romantische und gemütliche Stimmung, sondern können auch als Achtsamkeitstraining verwendet werden. Dafür zündet man eine Kerze an und schaut für einige Minuten direkt in die Flamme.
Nun stellt man sich folgende Fragen "Wie sieht die Flamme aus?", "Welche Farben erkenne ich?" und "Wie bewegt sich die Kerze?". Sollten die Gedanken abschweifen, versucht man sich wieder auf die Kerze zu konzentrieren.
Dankbarkeit
Diese Übung kann besonders gut abends vor dem Schlafengehen durchgeführt werden. Wie geht es mir gerade? Wie sind meine Gefühle und mein mentaler Zustand? Beschäftigt mich etwas, das ich heute erlebt habe?
Danach kann man sich überlegen, für was man dankbar ist und welche positiven Gedanken, Gefühle und Erlebnisse man an diesem Tage hatte. Das ist zwar keine klassische Achtsamkeitsübung, kann aber dabei helfen, zufriedener einzuschlafen und aufzuwachen.
Achtsamkeit: Buchempfehlungen
Wer noch mehr über das Thema "Achtsamkeit" erfahren möchte, kann folgende Bücher dazu lesen:
- Das 5-Minuten-Achtsamkeitswunder: Blitzschnelle Achtsamkeitsübungen für ein stressfreies Leben – Johannes Freitag
- Das kleine Buch vom achtsamen Leben: 10 Minuten am Tag für weniger Stress und mehr Gelassenheit - Patrizia Collard und Karin Weingart
- Immer locker bleiben, Mama! Mit Achtsamkeit zu mehr Me Time, Entspannung und Glück im Familienalltag - Katharina Rosenthal
- 365 Wege zur Achtsamkeit: Wertvolle Tipps für mehr Gelassenheit und Lebensfreude. Das große Buch der Achtsamkeit - Iris Warkus
- Achtsamkeit statt Angst und Panik: Mit Meditation zu Ruhe, Frieden und (Selbst-)Sicherheit –Peter Beer
Weitere interessante Themen auf nordbayern.de: