Keine Volksfeste, steigende Preise, kaum Hilfen
Nach zwei Jahren Pandemie: Diese Brauereien in der Region mussten schließen
4.2.2022, 17:07 UhrKeine Volksfeste, geschlossene Gastronomie, Einschränkungen für private Feiern, dazu immer teurer werdende Rohstoffe und der allgemeine Abwärtstrend beim Bierdurst der Deutschen: Gerade in der Corona-Pandemie gibt es viele Schwierigkeiten für Brauer. In dieser Zeit haben in Franken mit seiner hohen Dichte von Brauereien einige Betriebe ihre Türen für immer geschlossen - oder kämpfen akut um ihre Existenz.
Der aktuellste Fall ist die Brauerei Eichhorn in Forchheim, die Anfang Februar angekündigt hatte, den Betrieb einzustellen. Für die kleinste der verbliebenen vier Forchheimer Brauereien, deren jährliche Produktion nie die Grenze von 5000 Hektolitern Bier überschritten hat, habe sich der Betrieb schlichtweg finanziell nicht mehr getragen, so Inhaber Konrad Greif auf Anfrage der Nordbayerischen Nachrichten in Forchheim. "Und uns fehlen inzwischen zwei Annafeste", sagte Greif. Für Forchheim geht ein Stück Geschichte verloren: Am Standort der Brauerei Eichhorn in der Bamberger Straße wird seit 1783 Bier gebraut, seit 1935 von der Familie Greif.
In Erlangen ringt derzeit die Brauerei Weller ums wirtschaftliche Überleben. Die Brauerei-Genossenschaft Thalermühle, die die gleichnamige Wirtschaft betreibt, ist durch die Einbußen der Corona-Pandemie in eine wirtschaftliche Schieflage gekommen. Erst 2019 eröffnet, gingen mit Beginn der Infektionsschutzmaßnahmen die Einnahmen gleich wieder massiv zurück. Weil auch die staatlichen Überbrückungshilfen ausgeblieben seien, habe man die Miete schuldig bleiben müssen, so Aufsichtsratsvorsitzende Monika Fath-Kelling gegenüber den Erlanger Nachrichten. Das führte zu Kündigung und anschließendem Rechtsstreit mit dem Vermieter. Vorstand und Aufsichtsrat der Brauerei hoffen nach einem positiven Votum ihrer Mitglieder darauf, die drohende Insolvenz und damit verbundene Auflösung der Genossenschaft abwenden zu können.
Nach etwa einem Jahr Corona-Pandemie traf es die mittelfränkische Hauff-Bräu mit Sitz im Landkreis Ansbach. Das Unternehmen mit über 500-jähriger Geschichte war 2016 eine Kooperation mit dem Branchenriesen Tucher eingegangen, der daraufhin Abfüllung und Vertrieb übernahm, während weiter vor Ort nach Familienrezept gebraut wurde. Tucher kündigte den Vertrag jedoch zu Ende März 2021. Der Grund: Corona. Das Hauff-Bräu war damit Geschichte.
Doch nicht jede Schließung geht in direkter Linie auf die Folgen der Pandemie zurück. Noch weit vor Corona hatte Dieter Atzler, Inhaber der Brauerei Bender in Mühlhausen im Landkreis Neumarkt, das Ende seines Betriebs für Mai 2020 angekündigt - und die jahrhundertelange Tradition dann doch um einige Monate länger am Leben gehalten. Ende September 2020 wurde dort der letzte Sud gebraut.
Und auch die Privatbrauerei Heller in Herzogenaurach, die am 23. Dezember 2021 den Betrieb einstellte, tat dies nicht auf Grund der Corona-Pandemie sondern aus privaten Gründen, wie Brauer Alexander Heller damals betonte. In Gutenstetten im Landkreis Neustadt an der Aisch/Bad Windsheim gingen Ende 2021 die Lichter in der Brauerei Windsheimer aus, in der seit 1767 im Familienbetrieb Bier gebraut worden war.
Für ein allgemein zu beobachtendes Brauerei-Sterben brauchte es nicht erst die Corona-Pandemie - sie verschärft allerdings bestehende Probleme. Seit Jahren sinkt laut Statistischem Bundesamt der Bierkonsum in Deutschland pro Kopf deutlich. Demnach wurden 2020 in ganz Deutschland mit 8,7 Milliarden Litern 5,5 Prozent weniger Bier abgesetzt als 2019. Auch im Jahr 2021 setzte sich dieser Trend fort. In der ersten Jahreshälfte wurden demnach 2,7 Prozent weniger verkauft als im Vorjahreszeitraum.
Auch die stark steigenden Preise machen vielen Brauern zu schaffen: Nicht nur Zutaten wie Malz und Hopfen, auch Produkte wie Etiketten, Leim, Lauge und Kronkorken werden immer teurer - von den Energiepreisen ganz zu schweigen.
Gerade kleine Betriebe hatten außerdem bereits vor der Pandemie damit zu kämpfen, dass sie nicht all ihr Leergut zurückbekamen - eine Problematik, die sich verschärft hat, weil für viele Betriebe der Absatz in Flaschen gerade zu Lockdown-Zeiten die einzige Möglichkeit war, Geld zu verdienen.
Das rettete einigen sicherlich zumindest ein gewisses Maß an Umsatz, stellte jedoch Brauereigaststätten vor eine andere Herausforderung: Anders als andere Gastronomiebetriebe gelten sie somit als Mischbetriebe und hatten nur dann Anspruch auf staatliche Überbrückungshilfen, wenn sie weniger als 20 Prozent ihres Umsatzes mit Flaschenbierverkauf machen. 300 Brauereibetriebe aus ganz Deutschland wandten sich in einem offenen Brief an die Politik, um auf ihre Situation aufmerksam zu machen.
So mancher Brauer sah sich gezwungen, sein Bier zu verschenken, es vor Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums günstiger zu verkaufen - oder gar fässerweise wegzuschütten. Die Stadtbrauerei Spalt kam mit einer vermeintlichen Stellenausschreibung für Reste-Trinker (Trinkfestigkeit von Vorteil) bundesweit in die Schlagzeilen.
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