Corona, Quarantäne, Niederlagen: Falcons-Spieler blickt zurück

18.4.2021, 10:51 Uhr
„Dauerhaft auf dem letzten Platz zu stehen, ist ein Albtraum“: Jonathan Maier (rechts) und seine Falcons überholten am Ende Ehingen noch.  

© Sportfoto Zink / Oliver Gold, NN „Dauerhaft auf dem letzten Platz zu stehen, ist ein Albtraum“: Jonathan Maier (rechts) und seine Falcons überholten am Ende Ehingen noch.  

Es begann mit einem leichten Kratzen im Hals. Wir waren am Tag nach dem Heimspiel gegen Bremerhaven alle beim Corona-Test, aber hatten noch keine Ergebnisse. Abends saß ich daheim auf der Couch und dann war da plötzlich dieses unangenehme Kratzen. Da dachte ich mir schon: Ohoh, das könnte dieses Corona sein. Danach war nichts mehr, wie es mal war. Die ganze Mannschaft hatte sich beim Heimspiel gegen Hagen am Freitag zuvor mit Corona infiziert, wir mussten alle in Quarantäne.


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Ich war mir damals, im November 2020, aber sicher, dass ich gut durch diese Zeit komme. Und so war es dann auch. Mir ging es fünf Tage sehr schlecht, ich habe mich wirklich richtig krank gefühlt, zweimal bin ich auch ohnmächtig geworden. Das war natürlich hart, man hat auch Angst und fragt sich, ob das alles wieder wird. Insgesamt hatte ich aber nicht das Gefühl, dass es sich auf meine sportliche Zukunft auswirken wird. Der Geruchssinn war eben weg, aber das hat mich beim Sport ja nicht beeinträchtigt.

Nerviger war es schon im Alltag. Meine Freundin hat sich auch angesteckt, sie hatte aber glücklicherweise nur Kopfschmerzen. Wenn wir gemeinsam gegessen haben, habe ich kaum mehr etwas geschmeckt, aber ich habe gemerkt, dass sich die Beschwerden stetig verbessern. Ob ich heute wieder genauso gut rieche und schmecke wie früher, kann ich gar nicht so genau sagen. Denn wenn man mal vier Wochen nichts gerochen hat, verliert man jegliches Maß.

In den letzten Tagen der Quarantäne habe ich mich noch ein bisschen matschig und kaputt gefühlt - und ich war natürlich außer Form. Das hat man bei den ersten Trainings schon gemerkt, gehemmt hat mich die ganze Sache aber nicht. Es gab Spieler, die durchaus Angst hatten, es geht eben jeder anders an solche Dinge ran. Ich habe einfach auf meinen Körper gehört. Wenn ich mich gut fühle, kann ich mich darauf auch verlassen.

Schock-Nachricht vom Arzt

Im Sommer vergangenen Jahres hatte ich ein größeres gesundheitliches Problem, das gefährlicher war als die Corona-Infektion. Ich bin damals aufgewacht und habe plötzlich auf einem Auge nichts mehr gesehen. Anfangs dachte ich, dass vielleicht etwas im Auge sei, aber als es nach einem Tag immer noch nicht besser war, bin ich mal zum Arzt.

Der hat mich sofort in die Klinik eingewiesen, wo sie mir gesagt haben, dass ich einen Augeninfarkt habe. Es hatte sich ein Blutgefäß im Auge verschlossen, das war eine viel gefährlichere und bedrohlichere Situation und natürlich ein riesiger Schock für mich. Die Ärzte haben gesagt, dass ich mir auch Gedanken um meine Zukunft als Leistungssportler machen sollte, denn der Schaden sei irreparabel.

Dagegen war die Corona-Infektion, bei allen Gefahren und ohne es verharmlosen zu wollen, Kindergarten, ich habe die ganze Sache sehr entspannt gesehen. Denn ich dachte mir: Noch schlimmer kann es nicht werden. Das hat natürlich auch mit Erfahrung zu tun. Als junger Sportler denkt man nicht daran, dass es einen mal so übel erwischen könnte - und dann sagen einem die Ärzte, dass man auf einem Auge nicht mehr richtig sehen kann. Mittlerweile habe ich mich aber daran gewöhnt, ich spüre die Beeinträchtigung gar nicht mehr. Es ist ein schmaler grauer Streifen vor meinem Auge, aber das hat keinen Einfluss auf mein Spiel.


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Als Mannschaft waren wir ein, zwei Wochen nach der Quarantäne mit Corona fertig. Es war im Alltag kein Thema mehr, wir haben trainiert und wollten so bald wie möglich wieder Basketball spielen. Niemand hat Corona mehr erwähnt, niemand hat es als Ausrede für irgendwas benutzt. Wir haben alle nochmal eine sportmedizinische Untersuchung gemacht, die auch bei fast allen gut gelaufen ist. Einen jungen Spieler hatte es schlimmer erwischt, es war schon krass zu sehen, dass es auch so ausgehen kann.

"Es war zermürbend"

Viel schwieriger als die Infektion an sich war es für mich, dass wir so lange nicht spielen konnten. Das hat sich angefühlt wie eine Ewigkeit. Wenn man keine Spiele spielt und sich nur im Training unter sich misst, bekommt man keine Rückmeldung. Was machen wir gut? Was machen wir schlecht im Vergleich zu anderen Teams? Woran müssen wir arbeiten? Das weiß man ja nicht, wenn man keinen Wettbewerb hat. Die Situation war wirklich zermürbend, man sucht ja als Sportler den Wettkampf, man will sich mit anderen messen.

Als es dann endlich wieder losging, wurden wir nach zwei Spielen wieder zurückgeworfen. Ein Spieler hatte eine Erkältung und die Angst war groß, dass sich derjenige wieder infiziert haben könnte. Also: wieder Pause. In so einer Zeit darf man das alles nicht zu nah an sich heranlassen. Ich bin hier als Basketballer angestellt, mein Job ist, zu spielen. Das kostet mich meine ganze Energie, denn ich muss ja mit hoher Intensität meine Leistung bringen. Sich dann noch Gedanken zu machen, was sein könnte, wann wir wieder spielen, dass ich vielleicht wegen der Infektion schlechter spiele, würde zu viel Kraft rauben.


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Was mich irritiert hat, war die Tatsache, dass das Thema Corona immer wieder von außen an uns herangetragen wurde. In jedem Interview habe ich darüber gesprochen, dabei sollte es im laufenden Spielbetrieb kein Thema mehr sein. Es kann sein, dass es uns eingeschränkt hat, aber es spielt keine Rolle, was genau uns einschränkt. Wir spielen Basketball, um Spiele zu gewinnen. Und das haben wir lange nicht getan. Da hilft es nichts zu sagen: Ja, wir hatten Corona. Es ist unproduktiv, sich daran aufzuhängen, denn es hilft uns nichts. Was wäre die Konsequenz? Schauen wir einfach zu, wie wir jedes Spiel verlieren? Man muss einfach weiter arbeiten und versuchen, sich zu verbessern - als Spieler und als Mannschaft.

"Es lag mehr im Argen"

Meiner Meinung nach ist es auch nicht so, dass unsere Saison aufgrund der Infektionen so schlecht gelaufen ist. Ich würde gerne selbst dafür die Verantwortung übernehmen. Alles auf Corona zu schieben ist nicht richtig. Ja, es hat uns sehr durchgeschüttelt, aber für mich als Sportler ist klar, dass ich den Fehler bei mir suchen muss, wenn wir ein Spiel verlieren. Es sind einfach viele Dinge falsch gelaufen, bei den meisten unserer Niederlagen kann man nicht von einem physischen Defizit sprechen. Da lag so viel mehr im Argen als ein Minimum an Ausdauer, das uns gefehlt hat.

Wir waren zwar physisch wieder fit, aber haben einfach keinen Rhythmus gefunden.Im Januar und Februar waren wir wirklich in einem tiefen Sumpf, es ist nichts mehr zusammengelaufen. Wir waren gefangen in einer ungünstigen Dynamik. In den letzten Spielen hat man dann gesehen, dass wir auch mit den Top-Mannschaften der Liga sehr gut mithalten können.

Ein Highlight war natürlich der Sieg gegen Ehingen, weil wir damit die Rote Laterne abgeben konnten. Das war sehr wichtig und hat uns alle erleichtert. Dauerhaft auf dem letzten Platz zu stehen, ist ein Albtraum. Du gehst jeden Abend als Verlierer ins Bett, wir sind ja mit anderen Erwartungen in die Saison gegangen, denen man dann hinterherrennt. Das zehrt an einem.


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Von den letzten vier Partien haben wir drei gewonnen. Das war natürlich schön und hat wirklich gut getan. Ich hätte gerne weitergespielt, damit wir noch ein paar Siege holen können und ich persönlich noch ein, zwei bessere Spiele machen kann. Andererseits habe ich mir beim Saisonabschluss in Paderborn den Finger ausgekugelt, weshalb ich ganz froh bin, dass ich jetzt mal einige Tage Ruhe habe. Ich werde in den Schwarzwald zu meinen Eltern fahren, wo ich mit meinem Bruder ein kleines Unternehmen habe. Das lenkt einen ab - am Ende werde ich aber sicher auch wieder Basketball schauen. Dafür liebe ich diesen Sport viel zu sehr.

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