"Der Club ist viel mehr": Margreitter über Emotionen und neuen Ehrgeiz

Fadi Keblawi

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24.8.2020, 11:49 Uhr
Seit 2015 beim Club: Georg Margreitter.

© Sportfoto Zink / Wolfgang Zink, Sportfoto Zink / Wolfgang Zink Seit 2015 beim Club: Georg Margreitter.

Am Morgen nach einem doch erstaunlichen 5:2-Testspielerfolg des Fußball-Zweitligisten 1. FC Nürnberg gegen den Europa-League-Teilnehmer TSG Hoffenheim fühlte sich der berühmteste Basketballer der Stadt zu einer beruhigenden Einordnung gezwungen. "Bitte ruhig bleiben liebe Club-Fans", schrieb Basti Doreth also am Sonntag auf Twitter, "denkt an die letzte Saison!" Das mag natürlich niemand tun, zu fürchterlich war diese letzte Spielzeit, deren Fortsetzung nach der Winterpause eingeleitet worden war von einem ebenfalls recht erstaunlichen 5:2 gegen einen Europapokal-Teilnehmer – den FC Bayern München.


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Danach folgte beinahe der Sturz in die 3. Liga, den Fabian Schleusener in der 96. Minute von Ingolstadt verhindert hat. Einer der Zuschauer damals: Georg Margreitter. Den Innenverteidiger hatten sie in der Schlussphase ganz nach vorne beordert, um irgendwie noch dieses eine Tor zu erzielen. Margreitter musste dann nicht eingreifen, nur zusehen. Ob es ein Genuss war? "Es war vor allem die Erfahrung, wie lange ein paar Sekunden sein können", sagt Margreitter über den Moment, nach dem der Ball sich von Schleuseners Fuß aus auf seine kurze Reise ins Tor aufmachte. "Surreal", nennt Margreitter die Rettung.

Er könnte das auch sagen über seine Zeit beim Club. Seit fünf Jahren ist er nun beim 1. FC Nürnberg angestellt. Es ist seine längste Karrierestation als Profi, er ist aufgestiegen, abgestiegen, hat Relegationen in beide Richtungen gespielt und sieben Cheftrainer sowie vier Sportvorstände erlebt. Typisch Club, der sich das regelmäßige Chaos zur Aufgabe gemacht zu haben scheint, könnte man meinen. Könnte man nicht, sagt Margreitter. "Der Club ist viel mehr als das", sagt er. Er landet dann schnell bei den Gefühlen. "Man hat in und nach Ingolstadt gesehen, wer alles mitfiebert mit diesem Verein. Ich weiß nicht, ob das bei anderen Vereinen auch so eine Emotion ausgelöst hätte", sagt Margreitter. Grundsätzlich gefallen ihm die vielen Wechsel personeller Art aber natürlich auch nicht: "Wir haben nicht genug Konstanz, das wissen wir."

In der bald beginnenden Spielzeit wären sie aber ganz froh, würde sich keine Konstanz einstellen. Es soll wieder nach oben gehen und Margreitter ist zuversichtlich, dass das funktioniert. Es dient ihm da zum Beleg seiner These nicht das Ergebnis aus dem Test gegen Hoffenheim, das Felix Lohkemper (2), Asger Sörensen, Ekin Celebi und Noel Knothe mit ihren Treffern sicherstellten. Es ist, sagt Margreitter, vielmehr die Art und Weise, wie dieses Ergebnis zustande gekommen ist. Sie hätten gegen den Erstligisten nämlich sehr genau das umgesetzt, was der Trainer ihnen in den Tagen und Wochen zuvor hat beizubringen versucht. "Die Marschroute, was die Inhalte betrifft, passt", sagt Margreitter, "das stimmt mich positiv."

Er hat, das sagt Margreitter auch noch, "das Gefühl, dass der Hunger da ist, zu zeigen, dass mehr in uns steckt". Offensichtlich passt der von Robert Klauß präferierte Fußball zu diesem Gefühl. Das frühe Stören des Gegners, das flotte Umschaltspiel, der schnörkellose Aufbau – spielen wollen diese Art des Fußballs derzeit viele Mannschaften. Es gelingt nur nicht allen. Auch in Nürnberg hatten sie sich vor einem Jahr unter Damir Canadi an dieser Herangehensweise versucht – es blieb allerdings beim Versuch. Jetzt scheint das anders zu sein. "Ich kann mir vorstellen, dass das Ganze mehr Spaß mit sich bringt", sagt Margreitter, der grundsätzlich nicht dafür bekannt geworden ist, dass er den Spaß im Fußball besonders hoch bewertet. 31 Jahre ist er jetzt alt und stilbildend für ihn galt bislang immer eher das resolute Spiel. Ob so einer dann reinpasst in die Welt eines jungen Trainers aus dem Red-Bull-Labor konnte man zumindest bezweifeln vorab.

Es waren unberechtigte Zweifel. "Es hat mich gefreut, dass über einen 31-Jährigen nicht gesagt wurde, dass der eh seinen Stiefel spielt und nicht mehr formbar ist", sagt Margreitter. "Dankbar", sagt er auch noch, ist er für die Hilfestellungen des neuen Trainers und dafür, dass er dieser Mannschaft unvoreingenommen gegenüber getreten ist, nicht zu sehr auf seine Idee fixiert. Es hört sich gerade sehr viel danach an, als müssten sie beim Club nicht mehr allzu oft an die letzte Saison denken.

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