Kaum gefordert: Club-Grätscher hilft dem FCN dennoch

9.7.2020, 17:27 Uhr
Den Kontrahenten im Visier: Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich der über Physis und Kompromisslosigkeit kommende Innenverteidiger "Dinos" Mavropanos beim Club zum wichtigen Stabilisator.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr Den Kontrahenten im Visier: Innerhalb kürzester Zeit entwickelte sich der über Physis und Kompromisslosigkeit kommende Innenverteidiger "Dinos" Mavropanos beim Club zum wichtigen Stabilisator.

Es läuft die 38. Spielminute, der 1. FC Nürnberg führt nach einem Treffer von Fabian Nürnberger hochverdient gegen überforderte Ingolstädter, da verzeichnen die Gäste ihren ersten Abschluss: Eine von Linksverteidiger Marcel Gaus geschlagene Flanke segelt in Richtung Elfmeterpunkt – eigentlich keine allzu große Herausforderung für die Club-Defensive, doch Konstantinos Mavropanos rutscht weg und macht dadurch einen ursprünglich ungefährlichen Ball nochmal scharf.

In seinem Rücken kommt der eingelaufene Ingolstädter Dennis Eckert Ayensa somit frei und zentral nur wenige Meter vor dem Tor zum Kopfball – da offenbart sich das Glück des Tüchtigen: Der Deutsch-Spanier verschätzt sich, muss einen Schritt zurückweichen, um den Ball noch zu erwischen und schafft es anschließend nicht mehr, das Spielgerät in die richtige Richtung zu stoßen. Der Ball überquert meterweit vom Tor entfernt die Grundlinie, Mathenia bereitet sich entspannt auf den Abstoß vor und Mavropanos trägt vor dem Aufrichten ein lockeres "Malaka" auf den Lippen.

Jenes Ausrutschen dürfte einer der wenigen "Fehler" des Griechen in seiner halbjährigen Amtszeit beim 1. FC Nürnberg sein. Der Innenverteidigte stabilisierte die insgesamt zweitschwächste Defensive der 2. Bundesliga maßgeblich: In den neun Partien, in denen der Leihspieler des FC Arsenal über die kompletten 90 Minuten auf dem Platz stand, kassierte der Club durchschnittlich nur 1,3 Gegentore pro Spiel. In den übrigen 25 Duellen waren es 1,8 Gegentreffer.

Dass der erst 22-jährige in London kaum berücksichtigte Verteidiger beim Club binnen kürzester Zeit zum Leistungsträger in der Defensive avancierte, ist unweigerlich auf dessen Spielweise zurückzuführen: Kompromisslosigkeit, physische Präsenz, ein überdurchschnittlich guter Spielaufbau, Aufmerksamkeit, Kopfball- und Zweikampfstärke charakterisieren sein Spiel. Letzteres bestätigt auch ein Blick auf seine Quoten in der Partie gegen die Schanzer: Mit 77 Prozent gewann "Dinos" mit großem Abstand die meisten Zweikämpfe aller Nürnberger – auch, weil ihm die Spielanlage der Gäste an jenem Dienstag sehr gelegen kam.

Wiesingers Matchplan ging auf

Die Schanzer agierten zwar ohne Stoßstürmer Stefan Kutschke, probierten es aber aus der Bedrängnis zumeist mit Stilmitteln, die auf einen kantigen Zielspieler wie den Ex-Club-Profi ausgelegt sind. So kam es, dass besonders im ersten Durchgang zahlreiche Bälle aus der Viererkette in Richtung des Doppelsturms Kaya und Eckert geschlagen, und von der FCN-Innenverteidigung locker wegverteidigt wurden.


Statistisch stark! Der FCN verdient sich seinen Vorteil früh


Der Matchplan von Trainer Michael Wiesinger ging auf, sein Pendant auf Seiten des Kontrahenten erklärte auf der Pressekonferenz: "Der Gegner hat versucht immer wieder ins Pressing und teilweise auch ins Gegenpressing zu gehen, da blieb uns dann manchmal nichts Anderes übrig als den Ball über die letzte Kette beziehungsweise zu den Stürmern zu spielen." Einmal mehr bewahrheitet sich somit die vielzitierte Fußball-Floskel: "Angriff ist die beste Verteidigung." Besonders der emsige Stürmer Mikael Ishak und Robin Hack, sein junger Kollege auf Rechtsaußen, provozierten durch ihr energisches Anlaufen immer wieder Ballverluste der Ingolstädter und bildeten gegen Ball somit die erste Verteidigungslinie. Wiesinger lobte: "Ingolstadt so vom Tor wegzuhalten, war schon klasse."

Wiesinger: "Die Null muss stehen"

Während der Club im ersten Durchgang noch aktiv den Gegner im Spielaufbau störte, lauerte er in der zweiten Hälfte eher in der Konterstellung, um zumindest das 2:0 zu halten, kein Heimgegentor zu kassieren und möglicherweise im richtigen Moment schnell nach vorne umschalten zu können. "Prämisse Nummer eins", erklärte Wiesinger im Nachgang seine Ansprache in der Halbzeitpause, "ist kompromisslos verteidigen, die Null muss stehen".

Gleiches gilt für das Rückspiel am Samstag. Im heimischen Audi-Sportpark ist Ingolstadt allerdings mit einer anderen, offensiveren Herangehensweise und möglicherweise dem zuvor an Oberschenkelproblemen zehrenden Kutschke im Sturm zu erwarten. Damit dürften sich die Anforderungen an die Club-Defensive um Mavropanos zwar verändern, das Ziel, über defensive Stabilität zum Erfolg zu kommen, bleibt aus Sicht von Coach Wiesinger allerdings bestehen: "Wenn wir am Samstag die Null wegverteidigen, sieht es schon mal gut aus für uns." Und wenn Mavropanos in seinem – vertraut man den Gerüchten vom Interesse diverser Bundesligisten – vermutlich letzten Spiel in den Farben des 1. FC Nürnbergs ähnliche Leistungen bringt wie in den vergangenen Monaten, dann sieht es umso besser aus.

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