Statistisch stark! Der FCN verdient sich seinen Vorteil früh
9.7.2020, 05:42 UhrGewonnen ist noch nichts, aber so gewinnt man! In der Verlängerung einer bis dahin grauenhaften Saison, braucht der Club keine Anlaufzeit. Und zeigt Qualität, die er in der zurückliegenden Zweitliga-Runde zuvor geschickt verborgen hat. An der Kante zum Abgrund stehend, schiebt der von Michael Wiesinger revitalisierte Altmeister seine Absturzangst mit Anpfiff beiseite. Und liefert beim 2:0 gegen Ingolstadt quasi vom Anstoßpunkt weg.
Ein geschickter Club und die 130-Pässe-Marke
Besonders im ersten Durchgang weist der FCN die Schanzer vehement in die Schranken. Statistisch wird das extreme Übergewicht, das der Club bis zur 23. Minute auf die Relegationswaage bringt - Fabian Nürnberger hat Gas gebende Gastgeber just mit 1:0 in Front gebracht - in diesem Zeitraum überdeutlich. 9:0 Torschüsse - darunter exzellente Chancen - verzeichnet ein mit Verve und Geschick nach vorne drängender FCN da. Zur Halbzeit von Hälfte eins hat ein mit enormer Spielfreude und Präzision aufwartender Club bereits die 130-Pässe-Marke geknackt - und über 100 Zuspiele an den Mann gebracht, was einer Passquote von 85 Prozent entspricht. Im Vergleich: Bei den Gästen sind nach dieser Zeit 25 angekommene Bälle zum Mit-Schanzer zu notieren, bei nur knapp über 50 Versuchen.
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Mit grimmiger Entschlossenheit und jugendlichem Elan hat sich der Altmeister 72 Prozent Ballbesitz erspielt, eine gewaltige Druck- und Drohkulisse aufgebaut und sich für seine konsequenten, gleichsam flüssig vorgenommen Angriffsanstrengungen in eben jener 23. Minute in der Gestalt belohnt, mit der er überforderte Ingolstädter schon zuvor hat schlecht aussehen lassen. Zielorientiert, lauffreudig, in hohem Tempo unterwegs: Hack-Zrelak-Hack, Nürnbergs diesmal überaus mannschaftsdienlicher Hochgeschwindigkeitsfußballer bekommt das Leder vom Slowaken zurück, zeigt Übersicht, setzt Nürnberger ein - und der das Spielgerät mit einem klasse Schluss ins rechte Eck.
Überlegenheit des FCN - und doch kein Überschwang
"Wir sind auf einen Gegner getroffen, der uns von der ersten Minute weg körperlich und fußballerisch komplett den Schneid abgekauft hat. Wir haben lange gebraucht um ins Spiel zu finden", wird Schanzer-Coach Tomas Oral die Überlegenheit des FCN bis zur da längst überfälligen Club-Führung nach Abpfiff quittieren. Ein im Kollektiv starker und leidenschaftlich agierender Club hatte die von ihm trainierten Audistädter zu Beginn der Saisonverlängerung förmlich überfahren. Und mit Nürnbergers zweitem Treffer noch vor der Pause die Grundlage dafür geschaffen, um das Relegationsrückspiel aus einer guten Ausgangsposition heraus zu bestreiten (Samstag, 18.15 Uhr, Live-Ticker auf nordbayern.de). Dass dieser Vorteil dem eigenen Vortrag zuzuschreiben war, nicht etwa der Schlappheit der Schanzer, die nach dem Drittliga-Finale am Samstag kaum Regenerationszeit hatten, durfte auch Nürnbergs Coach nach der Partie betonen. Ingolstadt wäre, sagte Wiesinger, “konditionell voll auf der Höhe“. Etwas, was nach Wiederbeginn in ihren Offensivbemühungen durchaus bemühte Gäste in Hälfte zwei auch zeigten.
Dass sich in der Abschlussstatistik vor dem Relegationsabschluss die Werte in einigen Kategorien annäherten (gespielte Pässe: 422/FCN - 397/FCI), beinahe ausglichen (52/FCN – 48/FCI) oder sogar zugunsten der Schanzer drehten (48/FCN – 52/FCI, nach 23. Minuten 60/40) war wohl auch dem geschuldet. Vielleicht aber auch der Tatsache, dass Ingolstadt nun gefordert war. Der Club - wie schon nach dem 1:0 – konnte es etwas ökonomischer angehen, dem Kontrahenten den Ball geben und ihm nun häufiger in einer Konterstellung begegnen. Dass daraus keine Gefahr fürs Nürnberger Tor resultierte - Schlussmann Mathenia wurde keinmal ernsthaft geprüft - wohl aber noch eine Vielzahl von Club-Gelegenheiten, war dadurcb begründet, dass das Wiesinger-Team die in der Pause ausgerufene Prämisse ihres Trainers ("kompromisslos verteidigen, die Null muss stehen") konzentriert umsetzte.
Im Defensivverbund hielten aufmerksame und robuste Hausherren die Schanzer vom eigenen Kasten fern, was auch Wiesinger nach der Partie lobend herausstellen sollte. Apropos lobend herausstellen, in einem derart funktionierenden System möglicherweise schwierig, jetzt aber auch schon wurscht: Zweikampfstärkster Klassenkämpfer im rot-schwarzen Dress war Dinos Mavropanos mit 77 Prozent erfolgreich bestrittenen Direktvergleichen. Bei Patrick Erras und Asger Sörensen passten jeweils 90 Prozent der Pässe, was schon eine brutale Quote ist, von Tim Handwerker aber noch übertroffen wurde (92)! Vier Torschüsse? Dieser Bestwert geht an den überaus präsenten und entsprechend mehrmals im Abschluss auffälligen Mikael Ishak - bei insgesamt 21 (!) zu fünf Torschüssen auf Seiten des FCN.
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Wiesinger: "... dann sieht's gut aus"
Leider wahr! Dass man bereits "in der ersten Halbzeit zu viel liegen gelassen" hatte, war - zumindest öffentlich - dann auch das einzige Haar, das Michael Wiesinger in der Relegationsauftaktsuppe finden musste. Der Michael Wiesinger, der als Prämisse für die Anfangsphase ausgerufen hatte, "selber aktiv zu sein" - und in der 23. Minute ein erstes Mal ihre erfolgreiche Umsetzung auch auf der Nürnberger Anzeigetafel sehen konnte. Abgehakt? Natürlich. "Einordnen, demütig bleiben - die Null wegverteidigen, dann sieht's gut aus", befand der Coach nach dem Match gleich den Blick aufs Rückspiel richtend. “Es ist erst eine Halbzeit absolviert", sagte Wiesinger auf der Pressekonferenz auch. Gestaltet der Club Teil zwei der Auseinandersetzung wie die erste Halbzeit in Spiel eins, wird er erst einmal einen hübschen Haken setzen hinter eine grauenhafte Saison. Eine Saison, die deswegen natürlich trotzdem aufgearbeitet werden muss.
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