"El Clan": Der lange Schatten der Diktatur

03.03.2016, 07:57 Uhr

© Prokino

Anfang der 1980er Jahre steht Argentinien vor dem Übergang von der Militärdiktatur zur Demokratie. Das Regime, das sich 1976 an die Macht geputscht hatte, ist verantwortlich für die Entführung, Folter und Ermordung von etwa 30 000 Menschen. Von vielen fehlt bis heute jede Spur. Doch das dunkle Kapitel des Terrors ist auch nach der Wahl des ersten demokratischen Präsidenten 1983 nicht zu Ende. Denn wie so oft in solchen Fällen haben einige der Verantwortlichen die Zeitenwende unbeschadet überstanden.

Genau davon handelt "El Clan". Es dauert eine Weile, bis man sich in der verstörenden Geschichte zurechtfindet, denn Regisseur und Drehbuchautor Pablo Trapero, der für seinen Film aufwändig recherchiert hat, springt lässig zwischen den Zeitebenen und fügt Archivmaterial ein. Der Spannung und Wucht seines Dramas wird das am Ende nicht geschadet haben.

Im Zentrum steht der Puccio-Clan, der seine dunklen Verbrechen bereits begann, als die Diktatur in den letzten Zügen lag. Im gutbürgerlichen Teil von Buenos Aires führt die Großfamilie ein scheinbar ehrenwertes Leben. Patriarch Arquímedes höchstselbst fegt das Trottoir, Sohn Alejandro ist der Star der Rugby-Nationalmannschaft.

Doch hinter der makellosen Fassade spielt sich der blanke Horror ab - was Trapero mit aufwühlenden Bildern und Tarantino-like mit sarkastischem 80er-Pop-Soundtrack vermittelt: Während der Clan oben vor dem Fernseher sitzt, hört man aus dem Keller immer wieder diffus die Schreie gekidnappter Menschen, von deren reichen Angehörigen Arquímedes (Guillermo Francella) Lösegeld erpresst. Als Handlanger des untergehenden Regimes wird diese gefährlich faszinierend zwischen fürsorglichem Vater und eiskaltem Killer schillernde Figur von denen protegiert, die noch das Sagen haben.

Machtloser Gehilfe

Alejandro (Peter Lanzani) steht dem Familienoberhaupt als machtloser Erfüllungsgehilfe zur Seite, erst als er die makabren Machenschaften nicht mehr mittragen will, eskaliert der schwelende Vater-Sohn-Konflikt und beginnt der Untergang des Unternehmens Puccio.

Mit überaus glaubwürdigen Schauspielern inszeniert, ist "El Clan" ebenso ein packender Thriller wie das vielschichtige Porträt einer Gesellschaft, die sich mühsam aus den Fängen der Vergangenheit befreien muss. Bei den Filmfestspielen in Venedig wurde Trapero mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie ausgezeichnet, in Argentinien wurde der Film zum vieldiskutierten Kassenschlager. (Argentinien/ Spanien/108 Min.)

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