Corona: Arztpraxen schließen wegen Mangel an Mundschutz

Ute Möller

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2.4.2020, 19:08 Uhr

In Nürnberg brauchen 280 Praxen ganz dringend Schutzmasken, Handschuhe und Desinfektionsmittel. Eine Nürnberger Fachpraxis für Lungen- und Herzerkrankungen geht jetzt mit einem Hilferuf an die Öffentlichkeit.
Seit gestern müssen Dr. Marga Niederkorn-Schrader und ihre Kollegen in der Gemeinschaftspraxis am Kornmarkt ohne grünen OP-Mundschutz arbeiten. Auch FFP2- und FFP3-Masken, die mit einem mehrlagigen Filter medizinisches Personal effektiv vor Ansteckung schützen, sind nicht mehr zu kriegen. Laut KVB-Sprecher Axel Heise sind diese derzeit so rar, dass sich ihr Stückpreis, der vor der Corona-Krise bei 30 bis 40 Cent lag, verzehnfacht habe.

"Nur mit der Hilfe von Freunden, Mitarbeitern, Studenten und Nachbarn können wir uns und unsere Patienten zumindest mit Baumwollschutzmasken versorgen, die sich bei 90 Grad waschen lassen", sagt Marga Niederkorn-Schrader. Natürlich sei der Schutz mit diesen Behelfsmasken bei weitem nicht so effektiv wie mit Medizinprodukten, ergänzt die Spezialistin für Lungen- und Bronchialheilkunde. "Wir möchten nämlich unbedingt den Praxisbetrieb aufrechterhalten, um das medizinische Personal in den Kliniken zu entlasten, das bereits jetzt enorm unter Druck steht."

Ende letzter Woche schickte sie noch einmal eine Bestellung für eine "Notration" an Schutzmasken an die KVB, geliefert wurde keine Einzige. 280 Nürnberger Praxen haben laut Siegfried Zelnhefer nach Material gerufen. "Benötigt werden nicht nur Masken, sondern auch Handschuhe, Desinfektionsmittel, Schutzkleidung und Kopfhauben", sagt der Leiter des städtischen Presseamts. Im Rahmen der Nürnberger Führungsgruppe Katastrophenschutz ist Dr. Heidemarie Lux von der KVB damit beauftragt, die niedergelassenen Ärzte mit Material zu versorgen.


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Sie gibt den Bedarf der Praxen täglich an den Freistaat weiter, "doch derzeit kommt so gut wie nichts in Nürnberg an", sagt Zelnhefer. Bislang habe Heidemarie Lux nur zehn Prozent des Bedarfs der Ärzte befriedigen können. Der Vorstand der KVB kritisiert scharf das Vorgehen der bayerischen Staatsregierung.
Am Montag habe diese eine Million hochwertiger Schutzmasken für die verschiedenen Versorgungsebenen in Bayern angekündigt, heißt es in einer Pressemitteilung. "Bisher sind diese weder bei der KVB noch bei den Praxen, die dringend darauf warten, angekommen."


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Es sei den Ärzten nicht zuzumuten, ohne den entsprechenden Schutz zu arbeiten. Der Freistaat müsse von seinem Recht Gebrauch machen, "die zum Schutz der Ärzte und Patienten dringend benötigte Materialien bei Firmen zu beschlagnahmen".Derweil schlägt die Wut in vielen Praxen hohe Wellen. "Eine mäßig sichere Maske vom Typ FFP2 (dicht wäre eine FFP3-Maske) pro Arztpraxis ist ungefähr so gut wie eine Patrone pro Soldat oder ein Löffel Suppe pro Kind und Tag", schreibt ein Nürnberger Kinderarzt an die Redaktion.

Ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt schimpft am Telefon, dass er keine Schutzausrüstung mehr habe und jetzt vor der Wahl stehe, keine Patienten mehr zu versorgen oder sich strafbar zu machen, weil er ohne Schutz arbeite. Ganz zu schweigen von der Verantwortung für seine Mitarbeitenden. HNO-Ärzte und Zahnärzte seien besonders nah an ihren Patienten dran. Deshalb werden sie auch vorrangig mit Material versorgt, sagt Zelnhefer. Wenn denn welches lieferbar ist. Wann sich die dramatische Versorgungslage bessere, wisse niemand.


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