Finanzvorsorge

Bausparvertrag: Sparen von gestern oder sinnvolle Investition?

Elias Thiel

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16.10.2024, 07:18 Uhr
Der Bausparvertrag war lange die bevorzugte Wahl für Häuslebauer. Was taugt der Bausparer mittlerweile noch?

© IMAGO / imagebroker Der Bausparvertrag war lange die bevorzugte Wahl für Häuslebauer. Was taugt der Bausparer mittlerweile noch?

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Ein Bausparvertrag ist nur dann sinnvoll, wenn das Bauspardarlehen später in Anspruch genommen wird und die Zinsen für normale Baukredite zu diesem Zeitpunkt deutlich höher sind als aktuell. Damit hängt die Rentabilität von einigen Prämissen ab. Doch für wen lohnt sich ein Bausparvertrag überhaupt und welche Vor- und Nachteile gehen damit einher?

Die Funktionsweise des Bausparens basiert auf dem Umstand, dass alle Sparer gemeinsam in einen Topf einzahlen. Die Bausparkasse kann dann das Geld als Kredit an die ersten Bausparer auszahlen, sobald genug Geld zusammengekommen ist. Sukzessive können alle weiteren Bausparer bauen, da ja auch alle neuen Sparer weiterhin einzahlen. Die Bausparkassen rechnen vorher genau voraus, welche Verträge ausgezahlt werden und welches Geld wieder hereinkommt. Somit ergibt sich ein Pool an Kapital, der aus verschiedenen Bausparverträgen stammt.

Um die Funktionsweise des Bausparvertrags zu verstehen, müssen zwei Verträge kombiniert werden:

  1. Sparplan
  2. Immobiliendarlehen

Der Zins ist in der Sparphase oftmals geringer als marktüblich. Auch wenn Verwaltungs- oder Abschlusskosten anfallen, sind die Zinsen beim Bauspardarlehen in der Regel etwas günstiger als Hypothekenzinsen, die Banken zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bieten.

Zuerst wird die Bausparsumme festgelegt (die Summe, die der jeweilige Sparer in seine Immobilie investieren will). Laut dem Verband der privaten Bausparkassen betrug die durchschnittliche Bausparsumme für noch nicht zugeteilte Verträge im Jahr 2022 rund 43.000 Euro. Damit wird deutlich, dass der Bausparvertrag lediglich einen Teil der Gesamtkosten für den Kauf oder Bau einer durchschnittlichen Immobilie abdecken kann.

Wichtig ist stets der Zusammenhang zwischen dem Bausparvertrag und den Zinsen. Wenn man einen Bausparvertrag hat, sollte man unbedingt die Guthabenverzinsung überprüfen, da ältere Verträge häufig noch bessere Zinsen bieten als neue Varianten.

Der Sparer muss zuerst einen Teil der Bausparsumme (circa 30 bis 50 Prozent) sparen. Nach sieben bis zehn Jahren ist der Vertrag dann "zuteilungsreif", sodass Sparer das Darlehen für die Baufinanzierung abrufen können. Dieses Geld darf gemäß § 1 Abs. 3 BauSparkG für wohnwirtschaftliche Zwecke ausgegeben werden. Über einige Jahre erfolgt dann die Rückzahlung des Bausparkredites. Oftmals kann der Bausparer selbst wählen, über welchen Zeitraum er den Kredit zurückzahlen möchte. Je schneller der Bausparkunde das Geld zurückzahlt, desto niedriger ist natürlich auch der Kreditzins. Demnach gibt es den beworbenen Zins häufig nur bei sehr schneller Rückzahlung. Hier kommt es auf die individuellen Bedingungen des jeweiligen Bausparvertrags an.

Wenn ein Bausparvertrag zugeteilt wird, können sich Bausparer statt des Darlehens auch lediglich ihr angespartes Guthaben auszahlen lassen. In diesem Fall wird der Vertrag beendet. Alternativ können Bausparkunden auch nach der Zuteilung einfach weiter sparen, sodass das mögliche Baudarlehen immer kleiner wird. Allerdings verzinst sich das Guthaben dadurch weiter. Vor allem bei gut verzinsten Altverträgen kann dies im Einzelfall sinnvoll sein. Dennoch gibt es mittlerweile ausreichend Alternativen am Finanzmarkt, mit denen bessere Renditen erzielt werden können – beispielsweiseETFs. Insoweit stößt der Bausparvertrag immer mehr an seine Grenzen.

Ein Bausparvertrag besteht aus zwei Phasen.

  1. Sparphase
    Ein Bausparvertrag basiert auf einem simplen Prinzip: Zuerst wird gespart und danach wird gebaut. Somit legen Sparer regelmäßig Geld an und erhalten erst dann ein Darlehen. Die Bausparkasse wird Bausparer darüber informieren, wie viel Geld auf dem Bausparkonto sein muss und wie lange sie einzahlen müssen, um sich das Darlehen auszahlen zu lassen. Vor Erreichen der sogenannten "Zuteilungsreife" kann die Bausparkasse keinen festen Zeitpunkt für die Auszahlung des Darlehens und des angesparten Guthabens zusichern. Bei den Angaben zu der voraussichtlichen Zuteilungsreife handelt es sich daher nur um Schätzungen. Das Datum der Auszahlung kann sich noch ändern.
    Beantragen aufgrund von steigenden Zinsen immer mehr Bausparer ein Bauspardarlehen, folgt eine deutlich spätere Zuteilung, als diese unverbindlich vorausgesagt wurde. Dies liegt an der Berechnung der Bewertungszahl, über welche die Bausparkassen ihr Geschäft steuern.
    In der aktuellen Sparphase (2024) sind kaum noch relevante Zinserträge zu erzielen, da viele Bausparkassen in ihren Tarifen nur noch sehr geringe Guthabenzinsen (beispielsweise 0,1 Prozent pro Jahr) anbieten.
  2. Darlehensphase
    Auch wenn Bausparkunden in der ersten Phase ein Minusgeschäft machen, bekommen sie in der Darlehensphase eine Auszahlung und können über ihr Bauspardarlehen verfügen. Dies ergibt sich aus der Differenz zwischen Bausparsumme und Guthaben.
    Der Zinssatz für das Darlehen bleibt unverändert und entspricht dem, der beim Abschluss des Vertrags vereinbart wurde. Liegt der vereinbarte Zinssatz beispielsweise bei 2,5 Prozent, erhalten Bausparer das Darlehen auch zu genau diesem Zinssatz. Insoweit ist der Abschluss eines Bausparvertrags irgendwo auch eine Wette auf ein günstigeres Zinsniveau zum Zeitpunkt des Abschlusses.
    Wenn Bausparer jedoch später ein Baudarlehen bei der Bank von 4,5 Prozent bezahlen würden, bietet das Bauspardarlehen bessere Konditionen. Diese Konditionen wurden allerdings durch den vorherigen Verzicht auf höhere Zinsen teuer erkauft. Wenn man diesen Zinsverzicht als zusätzliche Kosten zum Bauspardarlehenszins hinzurechnet, läge der effektive Zinssatz in vielen Fällen deutlich höher.
    Achtung: Da Bauspardarlehen in der Regel viel schneller zurückgezahlt werden müssen als andere Darlehen, steigt die monatliche Belastung. Allerdings darf man ein Bauspardarlehen jederzeit und somit auch frühzeitig (sowohl ganz als auch teilweise) zurückzahlen.

Laut der Verbraucherzentrale lässt sich erst im Rückblick beurteilen, ob sich ein Bausparvertrag aufgrund der günstigen Darlehenszinsen tatsächlich gelohnt hat. Dabei kommt es darauf an, wie hoch die Zinsen für herkömmliche Darlehen zu dem Zeitpunkt sind, an dem man das Bauspardarlehen abruft. Allerdings ist die zukünftige Entwicklung der Darlehenszinsen immer ungewiss. Ob die Zinsen steigen oder sinken, ist im Voraus häufig nicht absehbar – erst recht nicht für Laien und private Verbraucher.

In einigen Fällen kann ein Bausparvertrag in einzelnen Fällen sinnvoll sein – meist gibt es mittlerweile jedoch bessere (sprich rentable) Alternativen:

Bei staatlicher Förderung

In einer Welt ohne nennenswerte Zinsen wird die staatliche Förderung als Ersatz für die Zinsen betrachtet. So ist ein verbreitetes Argument für den Bausparvertrag, dass der Staat gewisse Zuschüsse leistet. Hierbei gibt es vier wichtige Förderungen:

  • Arbeitnehmersparzulage
  • Wohnungsbauprämie
  • vermögenswirksame Leistungen
  • Riester-Förderung

Eine positive Rendite ist möglich, wenn man Anspruch auf Arbeitnehmersparzulage oder Wohnungsbauprämie hat, die den Ertrag etwas verbessern. Ohne Prämien wie Wohnungsbauprämie oder Arbeitnehmersparzulage dürfte das Ergebnis unter dem Strich immer besser sein, wenn das Geld anderweitig angelegt wird.

Der Riester-Bausparvertrag ist eine bekannte Form des sogenannten Wohn-Riesters. Ein Bausparvertrag bietet in diesem Fall eine einfache und sichere Lösung. Doch Riester-Verträge lohnen sich in den meisten Fällen ebenfalls nicht, wenn man die Opportunitätskosten berücksichtigt.

Für Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren

Für Jugendliche zwischen 16 und 25 Jahren bietet der Bausparvertrag das sogenannte "Bausparprivileg". Sie können die Wohnungsbauprämie erhalten, ohne den Vertrag wohnwirtschaftlich nutzen zu müssen. Folglich können sie einen Bausparvertrag als reinen Sparvertrag führen. Viele Bausparkassen gewähren jungen Sparern zudem spezielle Bonuszahlungen, was die Gesamtrendite des Vertrages erhöhen kann.

Für Modernisierungen zwischen 15.000 bis 50.000 Euro

Auch wenn man für eine Modernisierung eine geringe Finanzierungssumme zwischen 15.000 und 50.000 Euro benötigt, können Angebote der Bausparkassen sinnvoll sein. Dies gilt besonders, wenn man Anspruch auf staatliche Förderungen hat und erwartet, dass die Zinsen in den kommenden Jahren steigen werden. Doch erneut ist diese Entwicklung eben unsicher.

Ein Bausparvertrag bietet mitunter bei kleineren Darlehenssummen unter 50.000 Euro Vorteile, die häufig bereits für Renovierungen oder Sanierungen ausreichen. Einen Bausparvertrag für diesen Zweck zu nutzen, ist meist unkomplizierter als einen Immobilienkredit über einen vergleichsweise geringen Betrag zu beantragen. Viele Banken bieten hier nur wenig attraktive Konditionen.

Bausparkassen können zudem Darlehen unter 30.000 Euro auch ohne Grundschuld vergeben.

Außerdem kann man das Bauspardarlehen jederzeit ganz oder teilweisezurückzahlen, ohne zusätzliche Kosten für die vorzeitige Rückzahlung befürchten zu müssen.

Auch das Sicherheitsniveau der Einlagen bei Bausparkassen ist ein Vorteil, da Guthaben bis 100.000 Euro gesetzlich abgesichert sind. Viele Bausparkassen sind in umfangreiche Einlagensicherungssysteme eingebunden, die zusätzlichen Schutz bieten. Allerdings ist dies bei Banken grundsätzlich der Fall – ferner profitieren Verbraucher bei anderen Anlageinstrumenten wie Aktien ebenfalls von einer Absicherung, beispielsweise im Falle einer Insolvenz der verwahrenden Bank.

Die Rendite in der Sparphase ist aufgrund der Abschlussgebühren und der niedrigen Guthabenzinsen meist sogar negativ. Aktuelle Tarife bieten häufig nur sehr geringe Zinsen, was die Rentabilität weiterhin stark beeinträchtigt.

Für einen Bausparvertrag fallen sowohl Abschlussgebühren als auch jährliche Kontoführungsgebühren an. Die Abschlussgebühren liegen in der Regel zwischen 1 und 1,6 Prozent der Bausparsumme, was bei einer Summe von 50.000 Euro mindestens 500 Euro kosten kann. Zudem können jährlich bis zu 24 Euro für die Kontoführung anfallen.

Das Bauspardarlehen ist in der Regel an wohnwirtschaftliche Zwecke gebunden, was die Verwendung der Mittel auf Renovierungen, Sanierungen oder Neubauten beschränkt.

Bei einem Tarifwechsel verlieren Bausparer häufig Ansprüche auf Bonuszinsen und bereits angesammelte Guthabenzinsen, was wiederum zu höheren Kosten führen kann.

Um ein Darlehen zu erhalten, müssen Bausparer einen bestimmten Teil der Bausparsumme angespart haben. Dieses sogenannte "Mindestsparguthaben" beträgt oftmals 30 bis 50 Prozent der Bausparsumme.

Aus finanzieller Perspektive macht der Bausparvertrag immer seltener Sinn. Mit einer negativen Rendite vermehren Anleger meist nicht ihr Geld, sondern verlieren sogar. Dies gilt erst recht, wenn die Inflation noch berücksichtigt wird.

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Damit ein Bausparvertrag zuteilungsreif wird, müssen zwei Bedingungen erfüllt sein:

  1. das Mindestguthaben muss erreicht und
  2. die erforderliche Bewertungszahl erzielt werden

Bei Erreichen der Zuteilungsreife erhält man eine Benachrichtigung über das Zuteilungsdatum. Die Bewertungszahl basiert auf der Sparleistung und der Vertragslaufzeit, wobei Verträge mit höheren Bewertungszahlen zuerst zuteilungsfähig sind.

Ein Bausparvertrag kann sich heute nur im seltenen Fall lohnen, wenn die Zinsen (Abschluss vs. Auszahlung) vorteilhaft sind, Förderungen wie Wohnungsbauprämie oder Arbeitnehmersparzulage genutzt werden, Modernisierungen bis 50.000 Euro anstehen und der Bausparer noch jung ist. In den meisten Fällen gibt es bessere Alternativen für die Geldanlage.

In der Regel dürfte es sogar sinnvoll sein, den Bausparvertrag zu kündigen und nach besseren Optionen zu suchen – beispielsweise der Aktienmarkt via breit gestreuter passiver ETFs, die historisch deutlich höhere Renditen erzielen.