Kampf um die Lizenz: Hoffnung auf Falcons-Erfolg schwindet

Sebastian Gloser

Sportredakteur

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26.6.2019, 09:21 Uhr

Um zu wissen, wie es aktuell um den Kampfgeist von Ralph Junge bestellt ist, muss man ihm nur ins Gesicht sehen. Der Trainer und Geschäftsführer der Nürnberg Falcons trägt Vollbart. Wieder – oder immer noch. In der wichtigsten Zeit des Jahres legen Basketballer und zuweilen auch die Verantwortlichen jenseits der Seitenlinie den Rasierer weg, um zu verdeutlichen, dass die Konzentration jetzt immer nur noch dem nächsten Spiel gilt. In den Playoffs lautet das Motto: Wer rasiert, verliert.

Die Playoffs sind für Nürnbergs Basketballer zwar nun schon seit fast zwei Monaten vorbei, Ralph Junge ist aber immer noch im Angriffsmodus. Den Rasierer hat er auch nach dem sportlichen Aufstieg in die Bundesliga nicht allzu oft bemüht. Während die Spieler ihren Sommerurlaub genießen, kratzt und beißt Junge weiter und wehrt sich mit Händen und Füßen gegen die Entscheidung der Basketball-Bundesliga (BBL), den Falcons keine Lizenz für die kommende Spielzeit zu erteilen.

Nachdem der Gutachter- und der Lizenzligaausschuss diese Entscheidung am vergangenen Mittwoch bestätigt hatten, gingen die Falcons am Montagabend ein weiteres Mal in Berufung und schalteten das Schiedsgericht ein. In den vergangenen Tagen hatte Junge immer wieder deutlich gemacht, dass er sich ungerecht behandelt fühlt. Die Begründung der Liga kann er nicht nachvollziehen.

Eine Lösung, aber erst 2020

Auch bei Klemens Gsell, Nürnbergs Sportbürgermeister, hat sich in den vergangenen Wochen das Gefühl aufgedrängt, dass die Liga Nürnberg nicht nur nicht mit offenen Armen willkommen geheißen, sondern dass man in Köln zumindest durch eine gewisse Passivität auf ein Scheitern des Lizenzantrages hingearbeitet hat. Gründe "sportpolitischer Art" vermutet er hinter dem Verhalten der BBL, sprich: den Wunsch der großen Vereine, die Liga zu verkleinern. So hat er es in den Telefonaten mit ranghohen Ligavertretern zwischen den Zeilen herausgelesen, und: Eine Antwort auf die Frage, welchen Nachweis die Stadt für den geplanten Hallenbau noch bringen müsse, damit die Liga diesen akzeptiert, hat er bis heute nicht bekommen.


Keine Lizenz, ein Kommentar: Ignoranz hält Falcons unten


Den Schluss, den Klemens Gsell daraus zieht, ist allerdings ein diametral anderer als der von Ralph Junge. "So sehr ich mir wünsche, dass die Falcons kommende Saison in der Bundesliga spielen", sagt er, "muss man nun auch realistisch sein." Der wochenlange Streit um die Lizenz habe die Fertigstellung der neuen Halle im Herbst unrealistisch gemacht, glaubt Gsell; weiter daran zu glauben, nennt er eine "Fata Morgana".

Am heutigen Mittwoch wird der Stadtrat deshalb über eine andere Lösung entscheiden. Bis zum September 2020 soll – unabhängig vom sportlichen Abschneiden der Falcons in der nächsten Spielzeit – eine Halle für bis zu 4000 Zuschauer im Nürnberger Südwesten am Tillypark entstehen. Im Gegensatz zum zwischenzeitlich geplanten Provisorium neben dem Max-Morlock-Stadion soll es sich um eine dauerhafte Lösung handeln.

 

Die Sportgemeinschaft 83, aktuell noch Mieter am Tillypark, hat nach der Fusion mit Viktoria Nürnberg keinen Bedarf mehr, den Platz will Gsell nutzen für den Bau einer mittelgroßen Ballspiel- und Event-Halle. Basketball, aber auch Handball, Ringen, Hockey, Volleyball oder internationale Taekwondo-Meisterschaften könnten dort stattfinden, genauso Konzerte und Tagungen. "Ich lege Wert darauf", sagt Gsell, "diese Halle als Bürgermeister zu schaffen." Auch private Investoren hätten bereits Interesse angemeldet.

Eine dauerhafte Lösung, in der Bundesliga-Basketball gespielt werden könnte? Davon haben die Falcons und ihre Vorgänger immer geträumt. Nur: Diese Halle kommt zu spät, sagt Junge, der ja jetzt mit seiner Mannschaft trotz widrigster Bedingungen aufgestiegen ist und natürlich keine Garantie hat, dass ihm das so schnell noch einmal gelingt.

Konzentration auf die zweite Liga?

Für die ersten Heimspiele hätten die Falcons nach Bamberg und Regensburg ausweichen können, aber spätestens ab November bräuchte es natürlich ein adäquates Zuhause in Nürnberg – um nicht weiter Geld zu verlieren und die Nerven von Fans und Sponsoren zu strapazieren. Die Stadtratsvorlage sieht sogar vor, die Falcons bei ihren ungeplanten Auftritten in der Fremde finanziell zu unterstützen, aber das hilft ihnen natürlich nichts, wenn im gleichen Atemzug die kurzfristige Hallenlösung vom Tisch gefegt wird.

Im gemeinsamen Büro der Falcons und ihrem Partner, der Eventagentur werk:b, hat man natürlich auch schon intensiv diskutiert, ob es weiter Sinn macht, an einer Tür zu klopfen, die zumindest im Moment niemand aufmachen will. "Vielleicht sollten wir uns jetzt darauf konzentrieren, die Pro A gesund anzugehen", überlegt Christopher Dietz von werk:b. Andererseits kann er verstehen, dass sich Ralph Junge im Recht fühlt und "nach dem letzten Strohhalm greift".

Wann das Schiedsgericht die finale Entscheidung fällt, ist noch nicht abzusehen. Vermutlich wird der wochenlange juristische Streit um mindestens eine weitere Woche verlängert, wahrscheinlich wird sich Ralph Junge erst im Juli wieder rasieren. Die Aussichten, dass sein Kampfgeist doch noch belohnt wird, haben sich zuletzt aber nicht verbessert. Im Gegenteil.

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