Altstadt ist erwacht

Neues Herzstück: So bereichert der Weinmarkt das Leben in Nürnberg

Andrea Munkert

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8.8.2024, 05:00 Uhr
Alte Gebäude, große Bäume und dadurch viel Grün - dazwischen Rastmöglichkeiten auf Holzpodesten: Der Weinmarkt ist nicht nur optisch ansprechend, auch Kulinariker finden hier viele gastronomische Anlaufstellen.

© IMAGO/Westend61/A. Tamboly Alte Gebäude, große Bäume und dadurch viel Grün - dazwischen Rastmöglichkeiten auf Holzpodesten: Der Weinmarkt ist nicht nur optisch ansprechend, auch Kulinariker finden hier viele gastronomische Anlaufstellen.

Nicht überall in Nürnbergs Innenstadt läuft es so mies wie aktuell in der Breiten Gasse oder Teilen der Königstraße, in denen sich aktuell Leerstände und verhangene Scheiben dominant zeigen. Im Altstadt-Quartier "Weinmarkt", das westlich von St. Sebald liegt, ist in den vergangenen Jahren und auch zuletzt einiges passiert. Allem Anschein nach - und das vernimmt man auch im Gespräch mit den dort ansässigen Wirtinnen und Wirten - scheint sich hier der neue Hotspot in Nürnberg entwickelt zu haben und sich zu entwickeln.

Drei gastronomische Betriebe sind allein in diesem (Früh-) Sommer am Weinmarkt im Schatten der Sebaldus-Kirche eröffnet worden: Das "Café Honigapfel" im ehemaligen Irrerbad, die "Weinbar und Handel 075" im ehemaligen "DelikatEssen" und bald, ab 15. August, auch das "Speiselokal Sebald" im ehemaligen "Restaurant Sebald". Auch das "Mezze" direkt neben dem Sterne-Restaurant "Essigbrätlein" hat sich in der Adresse Weinmarkt 5 seit knapp zwei Jahren gut etabliert. Im Januar 2024 wurde die alteingesessene "Bahama Bar" zur "Bahama Mama" umgestaltet.

Auch im idyllischen verlängerten Arm des Weinmarktes, in der pittoresken Weißgerbergasse, sprüht das Leben auf die Straßen. Sonntagnachmittags beispielsweise kringeln sich Schlangen an Menschen um "Die kleine Eismanufaktur" oder plaudern Einheimische und Touristen im Café der Rösterei "Bergbrand". Mit der "Plantfoodgallery" von "Etyok", einem veganen Kiosk, ist hier der neueste Gastro-Betrieb am Start. "Wir wollen die Gasse beleben und mit der vorhandenen Gastronomie harmonieren", erklärte Etyok-Chef Erkan Günaltay vor wenigen Monaten gegenüber der Redaktion.

Dort müsste sich nur noch eine neue Bespielung für die schon lange geschlossene (Karaoke-) Bar "Hallertor" finden - und alle vorgesehenen Gastro-Areale wären in Betrieb. Denn auch im ehemaligen Bio-Thai-Restaurant "Tafelberg" im ältesten Gerberhaus der Stadt Nürnberg ist mit einem "Social Club and Art Affair", also Kunst- und Teambuilding-Events, neues Leben eingezogen.

Hört man die Gastronomen sprechen, vernimmt man Worte wie "neuer Hotspot" oder "unbedingt in die nördliche Altstadt". Influencer von nah und fern schwärmen vom "schönen Weinmarkt" oder lichten sich am Eingang der Weißgerbergasse, der schönsten Straße in Nürnberg, ab. Abel Gebredingl, der mit seinem Geschäftspartner Henri Diagne das "Speiselokal Sebald" an den Betriebsstart gebracht hat, findet: "Das ist ein wunderbarer Ort, um eine Community zu schaffen, die Ruhebänke laden super zum Verweilen ein." Die beiden jungen Gastronomen waren lange auf der Suche nach einem Areal für ihr Restaurant - der Weinmarkt war eine glückliche Fügung. "Wir wollten gerne in die Altstadt und es kam, Gott sei Dank, so". Jetzt freuen sich die Neuen am Platz umso mehr, dass sie hier von den Sanierungen und dem vorhandenen Leben profitieren können.

Viel ist passiert in den vergangenen Jahren

Die Stadt Nürnberg hat für die Vollbesetzung des Quartiers einiges in den vergangenen Jahren getan - 2018 und 2019 waren die Hauptplanungsjahre, auch die Bürger und die Gewerbetreibenden wurden zurate gezogen. Denn vor allem für Anwohner und Bürger wird so ein Platz ja gestaltet und optimiert. Nach den ersten Erkenntnissen damals wurde die Zone erstmals im März 2020 temporär eingeführt, im Oktober 2020 wurden Holzplattformen aufgestellt . Im Juli 2023 entschied der Stadtrat, dass die Verkehrsberuhigung dauerhafter Natur sein soll. Dies erfolgte mit der Verstetigung der Königstraße, der Brunnengasse und der Burgstraße als verkehrsberuhigte Zone.

Der Weinmarkt ist die Verlängerung des Sebalder Platzes, der nördlich der Sebalduskirche verläuft. Er und ein Teil der angrenzenden Irrerstraße wurden in den vergangenen Jahren zur Fußgängerzone umgestaltet. Nach dem erfolgreichen Abschluss einer Testphase soll dies mit Beschluss im Juli 2023 nun dauerhaft so bleiben. "Die Umgestaltung des Weinmarkts in eine Fußgängerzone ist ein wichtiger Schritt zur Verbesserung der Lebensqualität in der nordwestlichen Altstadt, aber auch zur Sicherung von Handel und Gastronomie am Standort", teilte Nürnbergs Planungs- und Baureferent Daniel F. Ulrich vor der Umsetzung des Umbaus vor ein paar Jahren mit. Am Ende haben sich die Beteiligten für die "große Lösung" mit wenig Durchgangsverkehr und mehr Aufenthaltsqualität ausgesprochen - und das kommt dem Weinmarkt längst zugute.

Auch die Tourismuszentrale hat mit ihrer Initiative "Quartiere Nürnberg" nicht nur für den Weinmarkt ordentlich die Werbetrommel gerührt.

Auch, wenn es anders wirkt: Mit einer Größe von weniger als 2.000 Quadratmetern gehört er zu den kleinen Plätzen in der Altstadt - tatsächlich reicht der Weinmarkt als Quartier aber von der Winklergasse bis zur Weißgerbergasse und ursprünglich auch bis südlich in die Karl- und Winklerstraße hinein.

Fünf Holzplattformen für rund 150.000 Euro Anschaffungs- und Montagesumme gliedern dabei die Platzfläche, verbessern die Aufenthaltsqualität am Platz und verhindern Durchgangsverkehr. Die Plattformen dienen gleichzeitig als Sitz- und Ruheplätze. In zwei der fünf Holzelemente wurden Pflanztröge für Weinstöcke integriert, um den Platz weiter zu begrünen und dessen lange Geschichte aufzugreifen, denn grob ab 1200 wurden hier am Markttag Weine aus ganz Deutschland angeboten und im Leistenkeller (nördlich der Hausnummer 11) eingelagert.

"Die Holzplattformen wurden von Beginn an gut angenommen, da sich seitdem trotz kühler Temperaturen immer wieder Personen dort niederlassen um zu rasten, zu verweilen, zu warten, sich zu unterhalten oder zu telefonieren", beobachtete Planungs- und Baureferent Ulrich bei deren Aufstellung im Oktober 2020. Vor allem im Sommer aber herrscht hier, auch wegen der Gastronomen und die Außensitzflächen, wahrhaft mediterranes Flair. Pralles, pulsierendes Leben wie auf einer italienischen Piazza.

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