Stadtmauer: Über 500-jährige Geschichte endet mit Abriss

5.1.2016, 10:35 Uhr
Stadtmauer: Über 500-jährige Geschichte endet mit Abriss

Sie hatte die Aufgabe, die Bürgerschaft und das Marktleben vor feindlichen Überfällen zu schützen. Früher erkannte man eine Stadt schon von weitem mühelos an ihrer Bewehrung durch Mauern und Türme. Der Bau einer Befestigungsmauer war im Mittelalter eines der fürstlichen Privilegien, das Städten, manchmal auch Märkten, zugestanden wurde.

Die ersten und einzigen echten Fotos vom Nürnberger-, Mönchs-, Zöllner- und Hördlertor sowie der Wehrbefestigung am Einfluss der Schwabach wurden in den 1870er Jahren aufgenommen.

Zu verdanken sind sie Schwabachs erstem Fotografen Wolfgang Kandel (Wie Wolfgang Kandel die Fotografie nach Schwabach brachte).

Die Stadt Schwabach war ehemals wie jede deutsche Stadt mit einer Mauer, mit Befestigungstürmen und Toren umgeben. Schutz bedurfte auch der Ein- und Ausfluss der Schwabach.

Zwei „Swibbogen“ mit Gitter

Laut dem Heimatforscher Heinrich Kraus (1880 - 1959) war Schwabach bereits 1364 als Markt durch „Palisaden“ (Schanzpfahlwerk), Wall und Graben geschützt. Nach Stadtwerdung ab 1375 wurde der Mauerkranz Schwabachs stetig ausgebaut und erweitert, wobei mit der Zeit vor jedem Torturm eine starke „Bastei“ und auslaufendes Bollwerk errichtet wurde.

Stadtmauer: Über 500-jährige Geschichte endet mit Abriss

Die Stadtmauer hatte vier Durchlässe: das Mönchstor von 1397, das Zöllnertor (1394), das Hördlertor (1405) und das Nürnberger Tor (1410). Über den Ein- und Ausfluss der Schwabach baute man große Bögen aus Sandsteinquadern, diese sind erstmals 1425 („unterer Swibbogen“) und 1444 („oberer Swibbogen“) erwähnt. Von ihnen konnte man zum Schutz Gitter herunterlassen.

Schutz in drei Kriegen

Diese Bauwerke bestanden über 500 Jahre und schützten die Stadt weitestgehend vor Angriffen feindlicher Truppen. Tatsächlich wurde das geschirmte Schwabach von dem großen Zerstörungsfeldzug der Nürnberger um 1388 verschont. Auch im Städtekrieg 1449/50 und im anschließenden „Baierischen Krieg“ von 1450 bis 1462 leistete die neue Stadtbefestigung den Schwabachern gute Dienste.

Erstmals während des 30-jährigen Krieges (1618 – 1648) hatte sich die Stadtbefestigung bei der Belagerung Schwabachs einem militärischen Feind gegenüber als unzureichend erwiesen. Die Erfindung des Schießpulvers und der damit verbundene Wandel in der Waffen- und Kriegstechnik am Ende des Mittelalters stellten überall Stadtmauern als Verteidigungsanlagen in Frage. Schwabach erlebte diese „neue Zeit“ in schrecklicher Weise im Jahre 1632. Nach einer Schilderung der Müllerstochter Anna Klein verschloss die Stadt am 1. Juli 1632 einem Heer des Feldherrn Albrecht Wallenstein, der auf den Schwedenkönig Gustav Adolf treffen wollte, die Tore. Die Schwabacher Bürger wollten sich nach dem Rat ihres Bürgermeisters Driller hinter der Stadtmauer so lange verteidigen, bis ihnen der Schwedenkönig von Fürth her zu Hilfe hätte eilen können. Sie beschossen deshalb auch das Lager Wallensteins an der Rohrersmühle mit einer „Falkonette“, einer kleinen Kanone, von der er fast getötet worden wäre.

Kapitulation vor Wallenstein

Sein darauffolgender Angriff auf das Mönchstor konnte tatsächlich abgeschlagen werden. Als er jedoch mit großem Geschütz die Stadt sieben Stunden lang beschoss, musste sie rasch kapitulieren und sich fünf Tage lang plündern lassen. Der großmütigen Fürsprache des Kurfürsten von Baiern war es angeblich zu danken, dass die Stadt mit ihrem Mauerring nicht gänzlich vernichtet wurde. Die Stadtmauer hatte in dieser Zeit schweren Schaden gelitten und schien erstmals ihren Wert verloren zu haben. Im Jahre 1655 wurde deshalb das Mönchstor vollständig erneuert. Die Stadtmauer und ihre Türme wurden mit „Falkonetten und Doppelhaken“ besetzt. Vor den Stadttoren wurden zusätzlich Palisaden errichtet.

Bereits 1744 setzte die Einebnung des Stadtgrabens ein. Dies stand im Zusammenhang mit der Stadterweiterung und Vorstadtbildung (Neue Auslage oder auch Zöllnertorvorstadt). Im Jahre 1762 wurde schließlich der Torturm des Nürnberger Tores abgetragen und anstelle des mittelalterlichen Baues ein neuer Torbau errichtet, der allerdings ohne Turm blieb. Die Einwohnerzahl betrug 1772 etwa 5500 Bürger.

Die vier Stadttore waren früher und bis zum Jahre 1809 zur Nachtzeit geschlossen, ebenso die beiden Bögen am Ein- und Ausfluss durch Eisengattern. Die Stadt konnte mit eingetretener Nacht nur gegen Bezahlung eines Sperrgeldes passiert werden.

1872 Abbruch beschlossen

Die so genannten Basteien und auslaufenden Bollwerke wurden bereits 1821/22 abgebrochen. 1872 fasste der Magistrat unter dem Bürgermeister Strobel den Beschluss zum Abbruch der Stadtmauer. Man wollte „Licht, Luft und freien Verkehr“ in die Altstadt lassen. Dies war der Anfang vom Ende der seit einem halben Jahrtausend stehenden altehrwürdigen Stadtmauer. Die Widerstände gegen den Abriss waren gering, weil man den baulichen Fortschritt und eine städtebauliche Erweiterung wollte.

Durch Abtragung des „Schlosserturms“ wurde 1873 das Neutor zum Anschluss an den Limbacher Weg in die Mauer gebrochen. 1874/75 kam es zum Abriss des Hördlertors, des Zöllnertors und des Mönchstors und 1893 erfolgte der Abbruch des Nürnberger Tores. 1897 folgten die Türme und Befestigungswerke beim Einfluss der Schwabach.

Bald nach dem Beschluss wurden Stadtmauerteile, Bruchsteine und Ziegel von der früheren Mauerbedachung an Private verkauft. Die Abtragung der Mauern, Stadttore und Türme sowie der Wehrbefestigungen am Ein- und Ausfluss der Schwabach zog sich über zwei Jahrzehnte hin.

Eine Besonderheit gibt es zum Nürnberger Tor: Vom 15. bis 21. Oktober 1933 fand in Schwabach, wie im gesamten Reich, die „Deutsche Handwerkerwoche“ statt. Es war die erste Großveranstaltung nach der Machtergreifung der NSDAP in Schwabach. Zu diesem Anlass wurde das Nürnberger Tor nachgebildet und an seinem ehemaligen Standort aufgestellt. Es war mit Fahnen und Zweigen geschmückt sowie mit dem Spruch „Ehret das Handwerk“ versehen. Zudem wurde das Hakenkreuz angebracht. Hindurch führte auch der Festzug mit 30 Wagen verschiedener Handwerksberufe bis zum Marktplatz.

Reste noch sichtbar

Heute erinnern nur noch wenige Reste an die einstmalige Stadtbefestigung, etwa der restaurierte „Rosshirtenturm“ in der Nördlichen Mauerstraße 10. Hinter der Wöhrwiesen-Turnhalle stehen noch Mauerreste mit überdachtem Wehrgang.

Und in der Südlichen Mauerstraße 3 gibt es Reste des „Roidererturms“, der auch „Leisingerturm“ genannt wurde, sowie unter der Hausnummer 5 Reste des „Nagelschmiedsturms“.

In der Nürnberger Straße sind darüber hinaus noch Mauerteile des Nürnberger Tors erhalten.

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