Definition des Arbeitszeitmodells

Jobsharing: Wie funktioniert das geteilte Arbeitsplatz-Modell und was sind Vor- und Nachteile?

Elias Thiel

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4.10.2024, 07:43 Uhr
Es gibt Modelle, bei denen sich zwei Mitarbeiter:innen eine Vollzeitstelle teilen. (Symbolbild)

© Alexander Heinl/dpa Es gibt Modelle, bei denen sich zwei Mitarbeiter:innen eine Vollzeitstelle teilen. (Symbolbild)

In diesem Artikel:

Diverse Befragungen von Arbeitnehmern mit Erfahrungen im Jobsharing offenbaren, dass Jobsharing-Tandems als produktiver, agiler und belastbarer wahrgenommen werden als einzelne Arbeitnehmer in Vollzeit. Neben diesen Vorteilen bietet Jobsharing auch den Arbeitgebern weitere Chancen, darunter die Erhöhung der Mitarbeiterzufriedenheit und eine verbesserte Nachfolgeplanung.

Aber welche Potenziale hat das Jobsharing wirklich? Für wen ist das Modell geeignet und worauf sollte man dabei achten?

Das Jobsharing bedeutet übersetzt so viel wie "Arbeitsplatzteilung". Somit beschreibt Jobsharing ein flexibles Arbeitszeitmodell, bei dem sich zwei oder mehr Arbeitnehmer mindestens eine Vollzeitstelle teilen.

Der Begriff "Jobsharing" steht daher für ein Modell, bei dem sich (mindestens) zwei Personen gemeinsam die Verantwortung und Aufgaben einer anspruchsvollen Fach- oder Führungsposition teilen. Im Gegensatz zur klassischen Teilzeitarbeit, bei der Teilzeitkräfte unabhängig voneinander arbeiten und keine enge Abstimmung notwendig ist, erfordert Jobsharing eine enge Zusammenarbeit und Koordination zwischen den beiden Mitarbeitern.

Somit legen die Mitarbeiter sowohl Aufgaben als auch Verantwortungsbereiche und Arbeitszeiten untereinander fest und erfüllen gemeinsam die vertraglich festgelegte Gesamtarbeitszeit.

Gesetzlich ist das Jobsharing-Modell in § 13 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) kodifiziert:

"(1) Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass mehrere Arbeitnehmer sich die Arbeitszeit an einem Arbeitsplatz teilen (Arbeitsplatzteilung). Ist einer dieser Arbeitnehmer an der Arbeitsleistung verhindert, sind die anderen Arbeitnehmer zur Vertretung verpflichtet, wenn sie der Vertretung im Einzelfall zugestimmt haben. Eine Pflicht zur Vertretung besteht auch, wenn der Arbeitsvertrag bei Vorliegen dringender betrieblicher Gründe eine Vertretung vorsieht und diese im Einzelfall zumutbar ist."

Jeder Partner im Jobsharing-Tandem hat einen Teilzeitarbeitsvertrag. Wenn einer der beiden Partner ausfällt (beispielsweise durch Krankheit oder Kündigung) muss der verbleibende Kollege nicht automatisch die gesamte Arbeitslast übernehmen oder als Vertretung fungieren. Dies ist unabhängig davon, ob die Kündigung vom Arbeitnehmer oder Arbeitgeber ausgeht. In solchen Fällen genießt der verbleibende Tandempartner zudem einen speziellen Kündigungsschutz.

Beim Jobsharing kann die Zeiteinteilung auf verschiedene Art erfolgen. Oftmals teilen sich die Arbeitnehmer die Stelle gleichwertig zu 50 Prozent auf. In einigen Fällen gibt es auch andere Zeiteinteilungen (beispielsweise 30/70 oder 40/60). Dies ist von der Jobsharing-Partnerschaft und dem Arbeitgeber abhängig. Wichtig zu beachten ist, dass sich Jobsharer einen Arbeitsplatz teilen und daher nicht gleichzeitig arbeiten dürfen, was natürlich auch in der Arbeitszeitplanung beachtet werden muss.

Achtung: Die geteilte Arbeitszeit muss zusammengerechnet nicht unbedingt 100 Prozent ergeben. Vor allem beim Jobsharing in Führungspositionen wird häufig das 70/70-Modell angewendet, sodass beide Arbeitnehmer circa 30 Stunden pro Woche arbeiten.

Nun stellt sich natürlich die Frage "Welche Potenziale hat Jobsharing?" und "Welche Nachteile gehen damit einher?"

Jobsharing: Vorteile

Flexible Arbeitszeiten und Work-Life-Balance liegen nicht erst seit der Corona-Pandemie im Trend. Jobsharing stellt ein weiteres modernes Teilzeitmodell mit großer Flexibilität dar und bietet für den Arbeitnehmer jede Menge Vorteile. Aber auch der Arbeitgeber profitiert davon. Demzufolge sind Arbeitnehmer, die Jobsharing betreiben, zufriedener und leistungsfähiger als ihre Kollegen.

Höheres Engagement und gesteigerte Produktivität

Jobsharing führt zu höherem Engagement und gesteigerter Produktivität, indem die einzelnen Aufgaben nach individuellen Stärken und Vorlieben aufgeteilt werden.

Flexible Arbeitszeiten und bessere Work-Life-Balance

Jobsharing ermöglicht flexible Arbeitszeiten, da zwei Personen sich eine Vollzeitstelle teilen und so ihre Arbeitsstunden individuell anpassen können. Dies erleichtert insbesondere Familien mit Kindern, Beruf und familiäre Verpflichtungen besser zu vereinbaren, da die Eltern ihre Arbeitszeiten aufeinander abstimmen können. Dies fördert eine bessere Work-Life-Balance, da die Mitarbeiter ihre beruflichen und persönlichen Verpflichtungen besser in Einklang bringen können.

Gesteigerte Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeiter

Durch das Jobsharing steigt die Zufriedenheit der Mitarbeiter, was wiederum die Bindung innerhalb eines Teams verstärkt. Mitarbeiter fühlen sich wohl und wollen gerne im Unternehmen bleiben.

Besserer Ausgleich im Fall von Urlaub und Krankheit

Gleichzeitig können auch Urlaub und Krankheitsfälle besser ausgeglichen werden. Jobsharing-Modelle führen zu einer kontinuierlichen Abdeckung der Position und weniger Stress für die Mitarbeiter.

Langfristige Ausfälle werden kompensiert

Auch langfristige Ausfälle wie beispielsweise Kündigungen, chronische Krankheiten oder Sabbaticals können leichter kompensiert werden.

Teilzeitkräfte können auch Führungspositionen bekleiden

Durch das Jobsharing-Modell erhalten auch erstmals Mitarbeiter in Teilzeit die Möglichkeit, Führungspositionen zu besetzen.

Bessere Verteilung von Verantwortung

Dadurch, dass die Verantwortung besser verteilt wird, sinkt das Risiko für Stress und Burnout der einzelnen Mitarbeiter. Dies gilt vor allem für Menschen in Führungspersonen mit hoher Verantwortung und großem Druck.

Zielgenaue Besetzung von Stellen

Für Arbeitgeber bieten Jobsharing-Modelle die Chance, Stellen zielgenau mit Mitarbeitern zu besetzen, die sich ergänzen oder sogar voneinander lernen können. Dadurch ergeben sich unterschiedliche Blickwinkel und Innovation wird gefördert.

Weniger Fehler durch Vier-Augen-Prinzip

Durch das Vier-Augen-Prinzip im Jobsharing-Modell werden Aufgaben und Entscheidungen von beiden Tandem-Partnern geprüft, was die Wahrscheinlichkeit von Fehlern erheblich reduziert.

Leichtere Eingliederung eventueller Nachfolger

Eventuelle Nachfolger können leichter eingegliedert werden, da der verbleibende Partner diese einarbeitet.

Hohe Attraktivität für Arbeitgeber

Als Arbeitgeber kann man durch ein Jobsharing-Modell im Sinne einer gesunden Work-Life-Balance auch sein Employer Branding und seine Attraktivität erhöhen beziehungsweise mehr potenzielle Arbeitnehmer anziehen.

Erhöhte Produktivität

Laut einer Umfrage von der Hochschule Heilbronn geben 92 Prozent der 50 befragten Führungskräfte aus verschiedenen Fachbereichen an, dass Jobsharing-Tandems produktiver oder mindestens genauso produktiv wie einzelne Vollzeitkräfte sind. 64 Prozent der Befragten finden Jobsharing-Tandems belastbarer, während weitere 24 Prozent als gleich belastbar gelten. 54 Prozent geben an, dass Jobsharer agiler sind (38 Prozent: gleich agil) als Arbeitnehmer in Vollzeit. 80 Prozent gehen davon aus, dass Jobsharing-Tandems ein größeres Kompetenzspektrum und mehr Fachkenntnisse haben. Insgesamt wollen 90 Prozent der befragten Führungskräfte aufgrund der positiven Erfahrungen auch weiterhin Jobsharing-Modelle anbieten.

Jobsharing: Nachteile

Neben den Vorteilen gilt es allerdings auch einige Nachteile zu beachten, die sich durch das Jobsharing-Modell ergeben.

Fehlendes Gefühl der Zuständigkeit

Beim Jobsharing kann es zu einem fehlenden Gefühl der Zuständigkeit kommen, wenn mehrere Personen Aufgaben teilen, da jeder Partner möglicherweise weniger Verantwortung für das Gesamtergebnis übernimmt. Dies kann dazu führen, dass wichtige Details übersehen werden oder Aufgaben nicht mit der nötigen Sorgfalt erledigt werden, weil die Verantwortung als weniger individuell empfunden wird.

Mehr Absprachen erforderlich

Daraus ergeben sich deutlich mehr Absprachen, was wiederum zeitaufwendig sein und zu Unstimmigkeiten führen kann.

Weniger Gehalt als Teilzeitkraft

Als Teilzeitkraft im Jobsharing erhält man in der Regel ein anteiliges Gehaltbasierend auf den vereinbarten Arbeitsstunden, was im Vergleich zu einer Vollzeitstelle zu einem geringeren Einkommen führt. Dies kann insbesondere bei hoch qualifizierten Positionen zu finanziellen Einbußen führen.

Erhöhtes Konfliktpotenzial

Wenn die Tandempartner im Jobsharing nicht zueinanderpassen oder sich nicht gut ergänzen, kann es zu Unstimmigkeiten und Konflikten kommen. Immerhin prallen unterschiedliche Arbeitsstile, Kommunikationsweisen und Vorstellungen aufeinander. Dies kann wiederum eine effektive Zusammenarbeit beeinträchtigen und die Arbeitszufriedenheit negativ beeinflussen.

Vertretung von ausgefallenem Tandempartner

In einigen Jobsharing-Modellen besteht häufig die Verpflichtung, ausgefallene Tandempartner zu vertreten (beispielsweise bei Krankheit und Urlaub). Dies kann zu erhöhtem Druck, Arbeitsaufwand und Frust für den anderen Arbeitnehmer führen.

Hoher Organisations- und Verwaltungsaufwand

Für den Arbeitgeber ergibt sich durch Jobsharing-Modelle ein höherer Organisations- und Verwaltungsaufwand. Zudem muss sich der Arbeitgeber erst einmal intensiv mit den Chancen und Risiken des Modells auseinandersetzen.

Lohn- und Nebenkosten für Vollzeitstellen steigen

Für Arbeitgeber können die Lohn- und Nebenkosten bei Vollzeitstellen steigen, wenn sie Jobsharing-Modelle einführen, da zwei Teilzeitkräfte oftmals höhere Gesamtkosten verursachen als eine Vollzeitkraft.

Passende Tandempartner sind nur schwer zu finden

Da nicht jeder Arbeitnehmer mit jedem Arbeitnehmer ideal zusammenarbeiten kann, ist es eine Herausforderung, den passenden Tandempartner zu finden.

Unzufriedenheit anderer Kollegen

Auch alle anderen Kollegen müssen sich stark an die verschiedenen Arbeitszeiten anpassen. Dies kann möglicherweise zu Frust oder Neid bei den Kollegen führen.

Teamgefühl und Kommunikationsfähigkeit der Tandempartner erforderlich

Der Erfolg im Jobsharing hängt stark vom Teamgefühl und der Kommunikationsfähigkeit der Tandempartner ab, da eine enge Zusammenarbeit und effektive Kommunikation entscheidend für die reibungslose Aufgabenbewältigung sind.

Im Folgenden werden die gängigsten Modelle für Jobsharing vorgestellt. Diese Jobsharing-Beispiele gibt es:

Job-Splitting

Das Job-Splitting ist das häufigste Jobsharing-Modell. Die Mitarbeiter teilen sich die Arbeitszeit und Aufgaben gleichwertig in zwei oder mehrere Teilzeitjobs auf. Dennoch agieren sie in diesem Modell völlig unabhängig voneinander. Sobald einer aus dem Tandem aus dem Unternehmen ausscheidet, arbeitet der verbleibende Angestellte zu den festgehaltenen Arbeitszeiten weiter. Der Arbeitgeber muss dann einen angemessenen Ersatz finden.

Job-Pairing

Beim Job-Pairing stimmen sich die Arbeitnehmer sehr eng miteinander ab und verteilen untereinander die Aufgaben. Demnach arbeiten sie nicht nur eng im Team zusammen, sondern treffen auch alle wichtigen Entscheidungen gemeinsam.

Top-Sharing

Das Top-Sharing bezieht sich auf Personen in Führungspositionen. Diese teilen sich die Position und verantworten gemeinsam strategische Entscheidungen. Gleichzeitig wird die Mitarbeiterführung auf zwei oder mehrere Vorgesetzte aufgeteilt. Vorher sollten die leitenden Angestellten abklären, ob sie für alle Belange gleichwertig oder geteilt verantwortlich sind.

Peertandems

Beim Peertandem teilen sich zwei Arbeitnehmer eine schwer besetzbare Schlüsselposition im Unternehmen. Ziel ist es, verschiedene Kompetenzen und Fähigkeiten zu vereinen.

Succession-/Legacy-Tandem

Das Succession-/Legacy-Tandem besteht aus einem bereits erfahrenen Mitarbeiter und einer Nachwuchskraft, die beide ein zeitlich befristetes Tandem eingehen. Am Ende soll die Nachwuchskraft die Position des älteren Kollegen übernehmen.

Crossfunctional-/Crosscompany-Tandem

Das Crossfunctional-/Crosscompany-Tandem kommt oftmals in Mutter- und Tochterunternehmen zum Einsatz. Das Modell zielt darauf ab, Schnittstellenfunktionen effizient zu besetzen und Synergien zu nutzen. Beim Crosscompany-Tandem arbeiten Mitarbeiter aus zwei verschiedenen Unternehmen zusammen, um Know-how zu bündeln und gemeinsam eine Position zu besetzen.

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In Deutschland haben alle Mitarbeiter (einschließlich Führungskräfte) Anspruch auf Teilzeitarbeit, sofern sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Bei der Einführung von Jobsharing sollten Unternehmen jedoch besonders auf die sozialen Kompetenzen der Kandidaten achten, da der Erfolg des Modells maßgeblich von einer reibungslosen Zusammenarbeitder Tandempartner abhängt.

Jobsharer sollten über folgende Eigenschaften verfügen:

  • Teamfähigkeit
  • Flexibilität
  • Kommunikationsfähigkeit
  • Koordinationsfähigkeit
  • Kompromissbereitschaft
  • Kooperationsbereitschaft
  • Vertrauen zum Jobsharing-Partner