Treuchtlinger CSU will Bad-Titel und Umgehung

Patrick Shaw

Redaktion Treuchtlinger Kurier

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28.12.2019, 06:04 Uhr
Treuchtlinger CSU will Bad-Titel und Umgehung

© Karte: Bayern-Atlas

"Ehrlichkeit und Offenheit" ist das erste von sieben Kapiteln im CSU-Wahlprogramm überschrieben. Dabei betonen Becker und Linss, dass sie diese Forderung "nicht bei den UFW abgeguckt haben, sondern sie uns sehr am Herzen liegt". Im Streit ums Treuchtlinger Mineralwasser, der die Transparenz-Debatte ins Rollen gebracht hatte, habe sich auch die UFW-Fraktion "nicht gerade mit Ruhm bekleckert". Insbesondere aber habe sie bei der SPD und Bürgermeister Werner Baum "nichts von dem angeblichen Bestreben gemerkt, öffentliche und nichtöffentliche Punkte im Stadtrat zu trennen", so Becker. Das Problem sei auch nicht durch eine digitale Beteiligungsplattform zu lösen, wie sie die Sozialdemokraten vorschlagen, sondern nur "durch den Willen der Verantwortlichen, komplexe Sachlagen in einen öffentlichen und einen nichtöffentlichen Teil aufzubrechen".


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Im "Wasserstreit" wären eine solche Trennung und Mitnahme der Bürger nach Ansicht der CSU möglich und nötig gewesen. Man sei nicht per se gegen ein Beteiligungsportal – aber auch dort werde die Bevölkerung nur dann relevante Themen finden, wenn die Stadt diese hinter den bislang verschlossenen Türen hervorhole. Zudem müsse eine solche Plattform moderiert und vor einseitiger Einflussnahme geschützt werden.

Einfachere Wege, für mehr Transparenz zu sorgen, sind nach Ansicht von Becker und Linss regelmäßige Bürgersprechstunden und eine engere Zusammenarbeit mit den Ortsausschüssen. Becker könnte sich eine Art "Ortsausschuss-Parlament" vorstellen, um auch den Austausch zwischen den Dörfern zu intensivieren. "In den letzten sechs Jahren gab es nur eine gemeinsame Sitzung der Ortssprecher. Zu wenig Information bringt Neid und Unfrieden", betont die Kandidatin mit Blick auf die jüngsten Debatten über Ungleichbehandlungen bei Feuerwehr- und Gemeinschaftshäusern.

Konsolidierung wird "schmerzhaft"

"Konsolidierung durch Priorisierung" lautet die Devise bei den Finanzen. Dazu schlägt die CSU ein Gremium jenseits des Haupt- und Finanzausschusses vor. Dieser treffe sich viel zu selten, um Projekte solide zu begleiten. Besonders für "schmerzhafte Konsolidierungen" brauche es eine "fraktionsübergreifende Lenkungsgruppe, die auch unbequeme Vorschläge vorbringen kann" – beispielsweise zu Umfang und Notwendigkeit von Investitionen für die Freiwilligen Feuerwehren. Statt "im Hauruckverfahren über Schnellschüsse wie das neue Tourismuskonzept zu entscheiden", könne ein solches Gremium "Akzeptanz schaffen und differenzierte Vorschläge machen".

Bei Großprojekten wie der Modernisierung der Altmühltherme fehlt der CSU überdies eine umfassende Grundlagenplanung. "Wenn die Maßnahme erst läuft, ist das Handeln stark eingeschränkt", so Becker. Für Stadtentwicklung, Nahwärme oder Fremdenverkehr lägen die Gutachten und Konzepte dagegen seit Jahren in der Schublade und müssten nur aktualisiert werden. Hier gelte es, "das Rad nicht immer neu zu erfinden und von anderen, strukturell ähnlichen Kleinstädten zu lernen". Als Notbremse sei es schließlich denkbar, einen externen Schuldenberater hinzuzuziehen – eine Art "Peter Zwegat für Kommunen", wie es im Wahlprogramm heißt.

Die Verkehrsbelastung in der Stadtmitte sieht die CSU als Haupthindernis auf dem Weg Treuchtlingens zum Heilbad. "Das ist vielen Bürgern ein Anliegen und hängt nicht nur an der Firma Altmühltaler", meint Becker. Da der Bürgerentscheid gegen die Nagelbergtrasse nicht mehr bindend sei, gelte es, "die Ortsumgehung wieder in den dringlichen Bedarf des Ausbauplans für Staatsstraßen zu bringen". Becker und Linss schwebt ein Beteiligungsprozess ähnlich dem für die B2-Umgehung von Dietfurt vor. "Das hat Mut gemacht und geht gar nicht mehr anders, nachdem es die Dietfurter vorgelebt haben", so die Bürgermeisterkandidatin. Den Pendelverkehr der Firma Altmühltaler werde eine ortsferne Nordumfahrung allerdings nicht wesentlich verringern, räumt Uwe Linss ein.

Wer zahlt fürs Parkhaus?

Dem Bau eines Parkhauses am Bahnhof, um den Zugverkehr zu stärken, steht die CSU skeptisch gegenüber. "Der Umweltgedanke ist wichtig, aber muss Treuchtlingen den Preis allein bezahlen?", fragt Becker. Von den örtlichen Pendlern habe man bereits Zahlen erhalten – "deutlich mehr als von der Stadt, aber das ist ja keine Kunst", stichelt Linss. Ohne Fahrgastbefragung reiche dies aber nicht für eine Entscheidung. "Die Autos sollen nicht in die engen Straßen um den Bahnhof gelockt werden", ist Becker überzeugt. Sie regt deshalb einen an den Fahrplan angepassten Busverkehr zwischen Bahnhof, Stadt- und Ortsteilen an: "Da sollte etwas Gehirnschmalz reinfließen, bevor wir uns holterdipolter auf ein Parkhaus stürzen, das wir bezahlen, aber der ganze Landkreis nutzt."


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Den Titel "Bad Treuchtlingen" streben dagegen alle Stadtratsfraktionen gleichermaßen an. "Wir wollen die Prädikatisierung", sagt Kristina Becker. Experten sähen den Gesundheitssektor "als Leitökonomie der kommenden Jahrzehnte", um den sich "expandierende Märkte entwickeln, zum Beispiel der Gesundheitstourismus", heißt es im Wahlprogramm. Diese Chance gelte es zu nutzen – wozu es nach Ansicht der CSU aber kein neues Konzept gebraucht hätte. Es hätte laut Becker gereicht, die Erkenntnisse aus dem Stadtentwicklungsprozess und der Standortanalyse von 2015 abzuarbeiten. Dafür müsse sich der Tourismusausschuss allerdings "öfter als nur einmal im Jahr zur Bierprobe treffen".

Die Pläne für ein Hotel in Treuchtlingen begrüßt die CSU ausdrücklich. Nur dessen Ausrichtung mit "Business während der Woche und Wellness am Wochenende" sei zu begrenzt. Angesichts des vorhandenen Heilwassers samt Kurbetrieb und der geplanten Bezirksklinik halte man "den medizinischen Aspekt für unterbewertet" und wolle diesbezüglich nochmals auf Projektentwickler Oliver Schüller einwirken. "Wir sollten hier nichts schlecht-, aber auch nichts schönreden", so Becker.

Sozialwohnungen ohne "Ghettoisierung"

Zu Einzelhandel und Gewerbe ist dem CSU-Programm kaum Neues zu entnehmen. Man wolle die Digitalisierung vorantreiben, bei kommunalen Aufträgen mehr heimische Firmen berücksichtigen und das Bewusstsein für die Region stärken.

Regionalität fordert die CSU auch beim Sozialen Wohnungsbau, für den sie als Investor gern "niemand von außerhalb, sondern die örtlichen Bauträger und Genossenschaften" sähe. Das angedachte Gelände in Gstadt sei durchaus geeignet, die Gefahr einer "Ghettoisierung" sehe man "nur bei der jetzigen Planung mit hauptsächlich Ein-Zimmer-Wohnungen". Kristina Becker, selbst Vorstandsmitglied der Kreis-Wohnungsbaugenossenschaft, plädiert stattdessen für "einen Block mit zwölf größeren Wohnungen für Familien".

Der von der SPD bei der Nominierung ihrer Stadtratskandidaten ausgerufene "Abteilung Attacke" wollten sich Becker und Linss im Pressegespräch nicht anschließen. "Wir sind im Stadtrat doch gar nicht so weit voneinander entfernt", meint Becker stirnrunzelnd. Gegen die Angriffe von SPD-Fraktionschefin Kerstin Zischler verwahre sie sich allerdings: "Wir sind keine Zyniker und sehen nicht nur das Geld, sondern auch den Wert der Dinge." Allerdings würde im Stadtrat nach Ansicht von Uwe Linss "noch viel mehr einvernehmlich entschieden, wenn vorher mehr informiert und diskutiert würde".

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