Essen ohne Tierprodukte
Gesund oder nicht? Worauf Sie bei veganer Ernährung achten sollten
19.3.2024, 13:06 UhrAm 5. März hat die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ihre jährliche Ernährungsempfehlung veröffentlicht. Auffällig dabei ist, dass die DGE die empfohlenen Mengen für Milchprodukte, Eier und Fleisch im Vergleich zum Vorjahr deutlich reduziert hat. "Wenn wir uns gesund ernähren und gleichzeitig die Umwelt schonen wollen, müssen wir unsere Ernährung jetzt ändern", sagte DGE-Präsident Prof. Dr. Bernhard Watzl. Gesundheit und Umweltschutz sind also die maßgeblichen Indikatoren für die Empfehlung - tatsächlich wurde in diesem Jahr erstmals der Aspekt der Nachhaltigkeit mit in die Überlegungen der DGE einbezogen.
Die Experten der DGE sprechen sich für eine Ernährungsweise aus, die zu mehr als drei Vierteln aus pflanzlichen Lebensmitteln und nur zu weniger als einem Viertel aus tierischen Lebensmitteln besteht. Einer Umfrage aus dem vergangenen Jahr zufolge verzichten bereits mehr als zehn Prozent der deutschen Bevölkerung auf Fleisch, rund drei Prozent verzichten sogar auf jegliche tierische Lebensmittel. Sie ernähren sich vegan - das bedeutet, dass sie Lebensmittel, die zum Teil oder komplett aus Tieren gewonnen werden, vollständig meiden.
Die "Vegane Gesellschaft Österreich" berichtet auf ihrer Homepage, dass zahlreiche Studien einen positiven Effekt einer ausgewogenen pflanzlichen Ernährung auf die Gesundheit nahelegen würden. Das Risiko, an Adipositas, Diabetes mellitus, Arteriosklerose und Herz-Kreislauf-Beschwerden zu erkranken, sei bei rein pflanzlicher Ernährung geringer. "Die Mär vom mangelernährten 'Pflanzenfresser' ist längst widerlegt", schreibt die Gesellschaft. Aber stimmt das? Ist vegane Ernährung tatsächlich gesünder - und ist sie unter allen Umständen empfehlenswert?
Nährstoffe und Krankheitsrisiko: Chancen und Risiken veganer Ernährung
Tatsächlich gibt es laut "Quarks" einige Nährstoffe, die Veganer besonders im Blick behalten müssen. Ganz oben auf der Liste steht der Mangel an Vitamin B12. Das Vitamin ist ausschließlich in tierischen Lebensmitteln enthalten, bei rein pflanzlicher Ernährung muss es also durch Ergänzungsmittel zugeführt werden. Andere Nährstoffe wie Jod, Calcium, Zink oder Eisen, die in Tierprodukten verstärkt enthalten sind, können auch über pflanzliche Lebensmittel aufgenommen werden, allerdings sollten vegane Menschen trotzdem verstärkt auf die ausreichende Zufuhr achten. Laut "Utopia" sollen vegane Menschen auch auf einen Mangel an Omega-3-Fettsäuren, Selen, B2 und einen Vitamine-D-Mangel achten.
Vorteile gegenüber Fleischessern haben Veganer dafür bei der Versorgung mit Folsäure. Laut DGE gibt es deutlich mehr pflanzliche als tierische Folat-Lieferanten - etwa Blattgemüse, Hülsenfrüchte, Nüsse oder Vollkornprodukte. Außerdem nehmen Menschen, die sich vegan ernähren, häufiger ausreichend Ballaststoffe und die von der DGE empfohlenen fünf Tagesportionen Obst und Gemüse zu sich. Die Gefahr einer übermäßigen Aufnahme ungünstiger Nährstoffe wie gesättigte Fette, Cholesterin oder Zucker ist bei rein pflanzlicher Ernährung zudem geringer.
Eine vegane Ernährung kann laut "Quarks" tatsächlich das Risiko für Herzkreislauferkrankungen, Übergewicht und Diabetes Typ 2 senken, möglicherweise sei dafür die Stabilität der Knochen stärker gefährdet als bei Menschen, die tierische Produkte zu sich nehmen. Damit kein Nährstoffmangel entsteht, muss vegane Ernährung gut geplant sein, so wie jede andere Form der Ernährung auch. Insgesamt haben Menschen, die sich vegan ernähren, wahrscheinlich gesundheitliche Vorteile - zumindest gegenüber dem durchschnittlichen Fleischesser.
Vorsicht in "sensiblen Lebensphasen" geboten
Allerdings gilt das nicht für jeden. Die DGE jedenfalls sieht eine ausschließlich vegane Ernährung in "sensiblen Lebensphasen" kritisch: Säuglinge, Kinder und Jugendliche sowie Frauen in der Stillzeit weisen ein höheres Risiko für Nährstoffmangel und Unterversorgung auf, da sie sich -je nach Lebensphase - entweder im Wachstum befinden, geringere Nährstoffspeicher oder einen erhöhten Anspruch an Nährstoffdichte haben. Eine rein pflanzliche Ernährungsweise ohne die zusätzliche Einnahme von Nährstoffpräparaten oder den Verzehr angereicherter Lebensmittel kann deshalb "erhebliche negative Folgen" für die Gesundheit haben.
Besonders bei Kindern ist Vorsicht geboten, wenn es um vegane Ernährung geht: Bei einer Energie-Protein-Malnutrition kann es zu Wachstumsverzögerungen kommen, ein Mangel an Eisen und Vitamin B12 kann die Blutbildung stören. Zu wenig Vitamin B12 und zu wenig Jod können außerdem neurologische Störungen bis hin zu einer mentalen Retardierung nach sich ziehen. Mütter müssen darauf aufpassen, ausreichend Docosahexaensäure zu sich zu nehmen, der unter anderem in Lachs, Thunfisch und Pflanzenölen enthalten ist. Ein Mangel kann die Entwicklung von Gehirn und Retina bei Säuglingen negativ beeinflussen.
DGE rät ab, Empfehlung in den USA
Allerdings muss vegane Ernährung nicht per se schlecht für Kinder sein: Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen hat 18 Studien untersucht, die darauf hinweisen, dass es neben negativen durchaus auch positive Auswirkungen auf die Gesundheit gibt. Beispielsweise könne eine rein pflanzliche Ernährung den Fettstoffwechsel fördern. Auch die DGE erwähnt Untersuchungen, die nahelegen, dass vegane Kinder mehr Ballaststoffe und weniger zugesetzten Zucker zu sich nehmen als Kinder, die mit Mischkost ernährt werden. Allerdings sei die "Beurteilungsgrundlage noch nicht ausreichend", es bestehe weiterer Forschungsbedarf.
Auch deshalb "wird von der DGE eine vegane Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit sowie im Säuglings-, Kindes- und Jugendalter nicht empfohlen", schreibt die wissenschaftliche Fachgesellschaft auf ihrer Website. In anderen Ländern, wie etwa den USA, wird allen Menschen eine gut geplante vegane Ernährung empfohlen - unabhängig vom Alter.