LesArt-Finale: Kulinarische Lesung mit Stefanie Kremser
10.11.2014, 16:29 UhrWas ist Maniok? Wie schreibt man ein Drehbuch? Sind Sie verheiratet? Stefanie Kremser ist auch ziemlich beschäftigt, wenn sie nicht liest. Während sie das brasilianische Menü von Dieter Trutschel genießt, gibt sie am Tisch zwischen Moderator Emil Heinlein und Buchhändler Thomas Urmoneit rege Auskunft in mehrere Richtungen.
Der Abend ist lang. Fast vier Stunden wechseln sich Lese- und gastronomische Köstlichkeiten ab. Der Star ist währenddessen immer locker, zugewandt und sehr freundlich. Es ist die erste kulinarische Lesung der 47-jährigen Autorin; und sie macht Stefanie Kremser erkennbar großen Spaß. Die 18. LesArt ist am Sonntag zum 14. Mal mit einem Lese-Menü im Gasthof Goldener Stern zu Ende gegangen.
Die Weltbürgerin
Stefanie Kremser hat mit „Der Tag, an dem ich fliegen lernte“ nicht zufällig einen Roman über Migration und Heimat geschrieben. Sie selbst ist 1967 in Deutschland geboren, verbrachte den Großteil ihrer Kindheit und die gesamte Jugend aber in Brasilien, wo ihr bolivianischer Vater als Ingenieur arbeitete. Mit 20 kehrte sie zurück, um an der Münchner Filmhochschule Dokumentarfilm und Fernsehpublizistik zu studieren.
Kremser ist eine Art Weltbürgerin. Sie ist viel unterwegs, hat auch in Australien gelebt und spricht sieben Sprachen. Ihr Gatte ist Katalane. Deshalb wohnt sie bei Barcelona. Nach Schwabach kam sie allerdings aus New York, wo sie gegenwärtig mit ihrem Mann, ebenfalls Schriftsteller, in einem sehr kleinen, extrem teueren Appartement lebt. „Zum Arbeiten gehe ich dann immer in ein Café.“ Ihr Mann hat in der US-Metropole ein Stipendium erhalten. Mittlerweile hat sie vier gefeierte Drehbücher für bayerische „Tatorte“ und zwei Romane geschrieben. Um fliegende Babies und bayerische Brasilianer geht es in ihrem jüngsten.
Der Tag, an dem Luisa fliegen lernt, das ist der Tag ihrer Geburt in einem Münchner Rot-Kreuz-Krankenhaus. Doch das ist sehr viel weniger lustig, als es klingt. Denn ihre Mutter Aza, eine farbige Doktorandin aus Brasilien mit oberbayrischen Wurzeln, wirft sie sofort beim ersten Kontakt aus dem Fester der fünften Etage.
Luisa verdankt ihr Leben ausschließlich der Reaktionsschnelligkeit eines ehemaligen Rugby-Spielers. Ihn setzt die Erinnerung an jahrelanges Fang-Training in Bewegung. Luisa landet in seinen Armen. Sie kommt zum Münchner Vater. Die Mutter verschwindet. Die Sehnsucht bleibt. Nach sieben Jahren machen sich Luisa und Paul gemeinsam auf die Suche. „Es ist ein Roman über die Liebe: die erhoffte, die erfüllte und die unerfüllte“, findet Emil Heinlein.
Köstlich, nicht nur der Nachtisch
„Frau Kremser hat ja sehr wenig über Essen geschrieben“, eröffnet Küchenmeister Dieter Trutschel seinen Gästen. „Lediglich ein Bananenstrudel kommt immer wieder vor.“ Ihn gibt es zum Nachtisch mit einem köstlichen Caipi-Sorbet.
Im übrigen hatte Trutschel freie Hand bei der Zusammenstellung der Speisenfolge. Typisch brasilianisch sind vor allem die Palmherzen im Vorspeisensalat, die Bohnensoße und das gebratene Maniokmehl als Beilage zum Fleischspieß. „Die Brasilianer sind große Fleischesser“, hat Trutschel recherchiert. Rumpsteak, Hähnchenbrust, spanische Wurst. Auf der kleinen Speisekarte mit dem Fotos Kremsers sind die Menüteile auch auf Portugiesisch vermerkt. „Bolo de Banana com gelo Caipirinah“ heißt der Bananenstrudel.
Zu Beginn des LesArt-Finales hatte Hanne Hofherr ein erstes positives Fazit des diesjährigen Lesefestivals gezogen. „Die Resonanz war sehr gut“, fand die Projektleiterin. „Weit über 2000 Besucher bei den Lesungen.“
Keine Kommentare
Um selbst einen Kommentar abgeben zu können, müssen Sie sich einloggen oder sich vorher registrieren.
0/1000 Zeichen