Treuchtlinger Wasserstreit: Fakten, Pro und Contra
3.5.2019, 18:13 UhrWas steckt hinter dem Namen Altmühltaler Mineralbrunnen und welche Produkte stellt das Unternehmen her?
Die Firma Altmühltaler hat ihren Ursprung in der Brauerei Schäff, deren Wurzeln ins 14. Jahrhundert zurückreichen. Heute beschäftigt sie in den drei Hauptwerken in Treuchtlingen, Breuna bei Kassel und Baruth bei Berlin rund 750 Mitarbeiter und ist laut Statistischem Bundesamt der bundesweit drittgrößte Mineralwasser-Abfüller (hinter MEG und Hansa-Heemann, zwei Plätze vor Nestlé). Wassermarken des Konzerns sind unter anderem Altmühltaler (Aldi), Baruther Johannesbrunnen und Surf Riedbach-Quelle (Norma), Elitess (Penny), Gut und Günstig Urstromquelle (Edeka) und Vitalitasia Urstromquelle (Netto). Außerdem gehören Altmühltaler Weizen, Karlskrone Bier-Cola-Mix (Aldi) und diverse Limonaden zum Sortiment. Die in der Stadtmitte abgefüllten PET-Flaschen werden per Lastwagen in das 2018 eröffnete Hochregallager an der Heusteige im Süden Treuchtlingens transportiert. Mehr als 50 000 Euro-Paletten passen in den gigantischen, etwa 35 Millionen Euro teuren Neubau. Umstritten ist das Unternehmen auch wegen der Behinderung gewerkschaftlicher Betätigung, der Belastung des Wassers mit Radioaktivität, Keimen und Acetaldehyd in den Jahren 2006 und 2008 sowie der Übernahme und Schließung der Wiesenburger Flämingquelle mit 30 Beschäftigten vor zwei Jahren.
Welches Wasser und welche Mengen füllt Altmühltaler derzeit in Treuchtlingen ab?
Das Unternehmen besitzt bereits heute vier Brunnen auf dem Betriebsgelände in der Treuchtlinger Stadtmitte. Zwei davon sind sogenannte "Flachbrunnen", aus denen normales Trinkwasser für Erfrischungsgetränke entnommen wird und deren Genehmigung noch bis 2030 läuft. Die zwei anderen Brunnen zapfen Mineralwasser aus einer rund 240 Meter tiefen Grundwasserschicht an. Letzteres ist zwischen 3000 und 4000 Jahre alt. Wie viel Wasser Altmühltaler aus dieser Schicht pumpen darf, ist in der wasser- und bergrechtlichen Genehmigung geregelt und wird vom Wasserwirtschaftsamt überwacht. Bislang war von jährlich 250 000 Kubikmetern die Rede. Vor 20 Jahren, als die Diskussion über die mögliche Endlichkeit der Vorräte das letzte Mal hochkochte, habe der Anteil der Firma an der Gesamtentnahme bei lediglich zehn Prozent gelegen, heißt es aus dem Unternehmen. Den Großteil fördern Werkleiter Günther Kutschera zufolge die regionalen Trinkwasserversorger.
150 Liter Mineralwasser trinken Deutsche im Jahr
Warum möchte die Firma Altmühltaler die Fördermenge erhöhen?
Wasser aus Einwegplastikflaschen ist ziemlich gefragt. Rund 150 Liter trinken die Deutschen aktuell pro Jahr und Kopf – das Zwölffache im Vergleich zu 1970. Das alte Altmühltaler-Betriebsgelände in der Treuchtlinger Stadtmitte hat aber längst seine Grenzen erreicht und behindert die Stadt in ihrer Entwicklung. Eine Verlagerung der Produktion zum Logistikzentrum an der Heusteige würde allerdings mehr als 60 Millionen Euro kosten – Geld, das der Konzern durch die Mehrentnahme von jährlich 300 000 Kubikmetern Wasser verdienen möchte. Die bestehenden Brunnen würden nach der Auslagerung im Ortszentrum bleiben, das Wasser würde per Rohrleitung zur Abfüllanlage geschickt. Der für die zusätzliche Entnahme angedachte Nagelbergbrunnen würde ebenfalls per Leitung an das Betriebsgelände in der Stadtmitte angeschlossen und das Wasser dann weiter an die Heusteige gepumpt.
Wie laufen das Genehmigungsverfahren und der Probebetrieb ab?
Das Landratsamt ist die zuständige Genehmigungsbehörde und hat vom Wasserwirtschaftsamt in Ansbach als amtlichem Sachverständigen nach Eingang des Antrags ein Gutachten angefordert. Dieses wurde am Donnerstag an alle betroffenen Wasserversorger sowie die Städte Weißenburg und Treuchtlingen verschickt. Sie haben nun vier Wochen Zeit, Stellung zu nehmen. Parallel laufen laut Landratsamt eine "Vorprüfung zur Umweltverträglichkeitsprüfung" sowie die Beteiligung weiterer Fachstellen. Für den siebenjährigen Probebetrieb bis zum Jahr 2026 sieht das Wasserwirtschaftsamt in den ersten zwei Jahren je 100 000, im dritten Jahr 150 000, im vierten Jahr 200 000, im fünften Jahr 250 000 und in den beiden letzten Jahren je 300 000 Kubikmeter Mehrentnahme vor.
Warum haben die Treuchtlinger Stadtwerke die Entnahme beantragt und nicht die Firma Altmühltaler?
Der 1996 gebohrte, aber mangels Wirtschaftlichkeit nie ausgebaute "Nagelbergbrunnen" gehört der Stadt Treuchtlingen und wird nur verpachtet. Laut Günther Kutschera ist es "ganz normal und richtig, dass das Wasserrecht in öffentlicher Hand verbleibt". Deshalb hätten die Stadtwerke und nicht Altmühltaler im November 2018 den Antrag gestellt. Die Stadt Weißenburg habe den umgekehrten Weg gefordert, Wasserwirtschaftsamt und Bezirksregierung hätten aber die Lesart von Altmühltaler bestätigt. Undurchsichtig ist indes, warum die Stadtwerke die Mehrentnahme zunächst für die Trinkwasserversorgung deklariert hatten, was das Wasserwirtschaftsamt korrigierte. Der Wasserrechtsbescheid gilt deshalb nun auch nur für die Förderung durch die Firma Altmühltaler.
Ist unser Wasser denn nichts wert?
Was bezahlt Altmühltaler für die Überlassung des Brunnens?
Für die Pacht des Tiefenbrunnens soll der Konzern nichtöffentlichen Informationen aus dem Stadtrat zufolge jährlich 30 000 Euro bezahlen, also bei der angestrebten Fördermenge am Ende etwa zehn Cent pro Kubikmeter. Die Treuchtlinger Bürger zahlen für ihr Leitungswasser 2,49 Euro pro Kubikmeter, weshalb viele der Stadt vorwerfen, das wertvolle Nass zu verscherbeln. "Ist unser Wasser denn nichts wert?", fragen sie. Bürgermeister Werner Baum hält dem entgegen, dass auch die Bevölkerung tatsächlich so gut wie nichts für ihr Trinkwasser bezahle, sondern mit dem Preis lediglich die Kosten für Bau und Unterhalt des Leitungssystems samt Hochbehälter, Pumpen und Personal abdecke. Diesbezüglich betont Günther Kutschera, dass Altmühltaler diese Kosten selbst trage. Der Nagelbergbrunnen sei "nur ein Loch im Boden", für dessen Ausbau die Firma rund eine halbe Million Euro aufwende. Mit weiteren dreieinhalb Millionen Euro schlage der Bau der Leitung zum Betriebsgelände zu Buche. Dies eingerechnet, kostet der Kubikmeter Tiefenwasser den Abfüller während der siebenjährigen Testphase rund drei Euro. Hauptfaktoren bei Verkaufspreis bleiben nichtsdestotrotz Verpackung, Logistik und Unternehmensgewinn.
Wer bezieht sein Wasser aus dem Gebiet, was geschieht damit und wieviel Grundwasser gibt es dort?
Neben Weißenburg und Treuchtlingen zapfen 33 weitere Kommunen, Zweckverbände und Betriebe aus dem unterirdischen Depot des "überdeckten Sandsteinkeupers". Sie entnehmen jährlich rund 8,1 Millionen Kubikmeter Wasser. In der engeren Region Altmühlfranken sind es etwa 3,6 Millionen Kubikmeter. Ein großer Teil davon ist Leitungswasser, von dem laut Umweltbundesamt nur etwa vier Prozent getrunken werden. Die restlichen 96 Prozent dienen Körperpflege, Toilettengang, Wäsche- oder Autowaschen. Dass das Tiefengrundwasser ausgeht, ist auf sehr lange Sicht nicht zu befürchten. Das Reservoir erstreckt sich vom Brombachsee im Norden bis Pfaffenhofen im Süden und Regensburg im Osten. Dort lagern in 250 Metern Tiefe rund 25 Milliarden Kubikmeter Trinkwasser. Die geplante Mehrentnahme von 300 000 Kubikmetern durch Altmühltaler entspricht 0,0012 Prozent dieses gewaltigen unterirdischen "Sees". Zudem kontrolliert der Freistaat mit dem "Sandsteinkeupergrundwassermodell", wie sich der Pegel verändert. Auch der Klimawandel hat darauf kaum Einfluss, dazu lagert das Wasser zu tief unter der Erde. Allerdings könnte es sein, dass das Tiefenwasser in künftigen Zeiten für eine stärkere Bewässerung an der Oberfläche gebraucht wird.
"Was da investiert worden ist, interessiert mich nicht"